Ein Gericht in Den Haag hat ein Gesetz für ungültig erklärt, das Telekommunikationsanbieter zwingt, Daten ihrer Kunden für sechs bis zwölf Monate vorzuhalten. Es basiert auf einer EU-Richtlinie für die Vorratsdatenspeicherung, die der Europäische Gerichtshof im April 2014 einkassiert hatte.
Noch im November hatte die niederländische Regierung angekündigt, das Gesetz an das EuGH-Urteil anzupassen. Strafverfolger sollten beispielsweise nur noch nach vorheriger Genehmigung durch einen Richter Daten von Telekomfirmen erhalten. Der Zugriff auf die Daten sollte auf Ermittlungen zu schweren Straftaten beschränkt werden. Zudem wollte die Regierung vorschreiben, dass alle Daten verschlüsselt gespeichert werden.
Die Bürgerrechtsorganisation Privacy First hatte jedoch argumentiert, dass das Gesetz in seiner bestehenden Form gegen europäisches Recht verstößt. Eine Vorratsdatenspeicherung müsse begrenzt und zielgerichtet sein. Eine Vorratsdatenspeicherung „aller Bürger ohne Rücksicht auf Person, Standort oder Daten“ wollte sie verhindern. Ähnlich wie das EuGH unterstellte sie, dass die Vorratsdatenspeicherung die Grundrechte auf Achtung des Privatlebens und des Schutzes personenbezogener Inhalte verletzt.
In dem am Mittwoch ergangenen Urteil schloss sich das Gericht in Den Haag den Argumenten der Datenschützer an. Das niederländische Gesetz verstoße gegen das Recht auf Privatsphäre. Es habe zwar möglicherweise „wichtige Auswirkungen auf die Ermittlung und Verfolgung von Straftaten“, was aber nicht die Eingriffe in die Privatsphäre niederländischer Bürger rechtfertige.
Das Gericht ordnete zudem an, dass die niederländische Regierung für die Kosten des Verfahrens aufkommen muss. Unklar ist, ob die Regierung noch an ihrem Vorhaben festhält, das 2009 verabschiedete Gesetz zur Vorratsdatenspeicherung zu überarbeiten.
Die Regierung in Berlin hat nach Aussagen von Justizminister Heiko Maas derzeit keine Pläne für ein neues Gesetz zur Vorratsdatenspeicherung. Am Wochenende dementierte er Berichte, wonach Deutschland einen Alleingang plane. Sein Ministerium spreche aber seit „mehr als einem Jahr“ mit dem Innenministerium über „die Probleme des Sammelns und Speicherns von Telefon- und Internetdaten“. Derzeit warte die Bundesregierung auf Vorgaben der EU-Kommission.
Hierzulande hatte das Bundesverfassungsgericht ein vorgesehenes Gesetz zur Vorratsdatenspeicherung bereits 2010 für verfassungswidrig erklärt. Die damalige Regierung konnte sich im Anschluss nicht auf eine Neufassung einigen. Seit dem Urteil des EuGH, also seit März 2014, ist allerdings auch kein EU-Staat mehr verpflichtet, die Richtlinie zur Vorratsdatenspeicherung in nationales Recht umzusetzen. Auch in anderen EU-Staaten wurden vorhandene Gesetze seitdem gekippt oder an das EuGH-Urteil angepasst.
[mit Material von Josh Taylor, ZDNet.com]
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