Samsung: Man kann keine Features kopieren, die das iPhone nicht hat

Im laufenden zweiten Patentprozess zwischen Apple und Samsung haben die gegnerischen Anwälte ihre Schlussplädoyers gehalten. Mit teilweise drastischen Formulierungen versuchten sie dabei in jeweils zwei Stunden noch einmal, die Geschworenen zu überzeugen. Diese hatten zuvor schon über 50 Stunden lang Zeugenaussagen anhören und die von beiden Firmen präsentierten Dokumente zur Kenntnis nehmen müssen.

Apples Anwalt Harold McElhinny warf Samsung erneut vor, es habe „Monat um Monat in fieberhafter Aktivität“ Features kopiert. „Es geht in diesem Fall um über 37 Millionen Geräte“, sagte er. „Und wie wir wissen, war Samsungs rechtswidrige Strategie äußerst erfolgreich. Die einzigen Produkte, die sich heute verkaufen, sind Produkte von Apple … und die patentverletzenden Produkte Samsungs. Es ist tatsächlich ein Wettrennen mit nur zwei Champions.“

„Wo war Samsung vor dem iPhone?“ fragte McElhinny. „Sie kennen die Antwort darauf. Sie hatten nicht einmal ein Smartphone.“ Die Klage einzureichen, sei Apples letzte Option gewesen. „Apple kann nicht einfach seine Erfindungen aufgeben.“ Der iPhone-Hersteller könne das den Menschen nicht antun, die engagiert daran mitwirkten. „Jetzt stehen wir also hier, 37 Millionen Patentverstöße später, und wir zählen auf Sie, um für Gerechtigkeit zu sorgen“, appellierte er an die Jury.

Die Anwälte Samsungs bezeichneten Apples Klage als „erlogen“, da vier der angeblich kopierten Features im iPhone nie zur Verwendung kamen. „Man kann nichts vom iPhone kopieren, was nicht im iPhone drin ist“, sagte Samsungs Anwalt Bill Price. Die von Apple angeführten Schutzrechte habe Samsung außerdem schon deshalb nicht verletzt, weil Googles Entwickler bereits vor der iPhone-Einführung im Jahr 2007 an diesen Features arbeiteten. „Wir zeigen nicht mit dem Finger auf Google“, sagte er. „Wir sagen, dass sie diese Features unabhängig entwickelt haben und damit nicht gegen Schutzrechte verstoßen.“ Die von Apple angeführten Patente enthielten zudem nur enge Ansprüche und deckten bestimmte Wege ab, um Aufgaben auszuführen – nicht aber die gesamten Aufgaben.

„Wir glauben nicht, dass wir Apple auch nur einen Nickel schulden“, sagte Samsung-Anwalt John Quinn zur von Apple geforderten Summe von 2,2 Milliarden Dollar Schadenersatz. Und an die Geschworenen gerichtet, erklärte er: „Sie werden in den Straßen von Cupertino tanzen, wenn Sie Ihnen 100 Millionen Dollar geben.“ Quinn griff außerdem die Studie eines von Apple benannten Experten an, die den Wert der fünf angeführten Patente begründete. „Das war absolut erfunden“, sagte er. „Das war eine gefälschte Studie.“

Apple und Samsung beschuldigen sich gegenseitig, Features ihrer Smartphones und Tablets kopiert zu haben. Im aktuellen Verfahren geht es um andere Patente und auch neuere Geräte als in einem früheren Verfahren im August 2012 sowie einem Wiederaufnahmeverfahren im November 2013 zur Höhe des Schadenersatzes. Betroffen sind jetzt etwa das im September 2012 eingeführte iPhone 5 sowie Samsungs Galaxy S3, das ebenfalls 2012 auf den Markt kam.

Apple führt fünf Patente ins Feld, Samsung hält mit zwei Schutzrechten dagegen. Sie beziehen sich alle auf Software-Features wie universelle Suche, Synchronisation im Hintergrund und automatische Wortkorrektur. Eine Entscheidung müssen jetzt die Geschworenen treffen, die sich nach den Schlussplädoyers zur Beratung zurückgezogen haben.

[mit Material von Shara Tibken, News.com]

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ZDNet.de Redaktion

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