Google-Kartellverfahren sorgt für Streit innerhalb der EU-Kommission

Die vergangene Woche erzielte Einigung zwischen Google und der EU-Kommission hat Wettbewerbskommissar Joaquín Almunia offenbar Kritik aus den eigenen Reihen eingebracht. Wie Bloomberg unter Berufung auf informierte Kreise meldet, haben Justizkommissarin Viviane Reding und Michel Barnier, Kommissar für Binnenmarkt und Dienstleistungen, in einer Sitzung ihren Unmut über Almunias Vorgehen in der Sache zum Ausdruck gebracht. Sie haben offenbar andere Ansichten zum Fortgang des Kartellverfahrens.

EU-Wettbewerbskommissar Joaquín Almunia (Bild: EU-Kommission)

„Wir hatten eine sehr lange Debatte, was zeigt, dass es noch viele Bedenken und Fragen gibt“, sagte Barnier gegenüber Medienvertretern in Brüssel. „Wir haben unsere Arbeit zu diesem Thema noch nicht beendet.“ Ähnlich äußerte sich der eigentlich nicht zuständige Energiekommissar Günther Oettinger gegenüber der Frankfurter Allgemeinen Zeitung: „Das ist noch lange nicht entschieden.“ Die Kommission behandle die Angelegenheit weiter „ergebnisoffen“.

Google hatte vergangene Woche weitere Zugeständnisse gemacht, um einer drohenden Kartellstrafe zu entgehen. Es sagte zu, in vertikalen Märkten stets drei Konkurrenten gleichwertig mit eigenen Angeboten auf seiner Suchseite zu präsentieren. Würde ein Anwender also etwa nach Flugreisen, Hotels oder Restaurants suchen, erschienen die Ergebnisse dreier Nischenportale ebenso prominent wie die von Googles in die Suchmaschine integriertem Angebot. Welche drei das jeweils sind, soll „durch eine objektive Methode“ – also transparent und nachvollziehbar – entschieden werden.

Bloombergs Quellen zufolge wurde Almunia unter anderem dafür kritisiert, dass er Googles jüngste Vorschläge dessen Rivalen und Kunden nicht zur Prüfung vorgelegt und auch nicht andere Kommissare zu Rate gezogen habe, ehe er ankündigte, die Kommission werde sie akzeptieren. Zugleich seien die Kommissare in den vergangenen Wochen intensiv von Lobbygruppen bearbeitet worden, die gegen die Einigung sind.

Almunias Sprecher Antoine Colombani betonte gegenüber Bloomberg in einer E-Mail: „Almunia hat allen Mitgliedern des Kommissionskollegiums ein Update zum aktuellen Stand der Google-Kartelluntersuchung gegeben. Er hat auch detailliert erläutert, inwiefern Google mit seinen Vorschlägen auf unsere Bedenken eingeht und was der nächste Schritt sein wird.“

Bevor die Einigung rechtsverbindlich wird, muss Almunia noch die anderen Kommissionsmitglieder dazu befragen, nachdem er 18 Firmen und Gruppen angeschrieben hat, die bei der EU Beschwerden gegen Google eingereicht hatten. Deren Antworten würden seine Meinung, dass Googles Zugeständnisse ausreichten, jedoch nicht mehr ändern, erklärte der Wettbewerbskommissar schon letzte Woche.

2010 hatte die Union eine Voruntersuchung begonnen: Sie äußerte damals Bedenken, dass Google seine beherrschende Stellung auf den Märkten für Online-Suche, Suchmaschinenwerbung und Vermittlung von Suchmaschinenwerbung im Europäischen Wirtschaftsraum missbraucht haben könnte. Im März 2013 drohte sie Google dann mit der Eröffnung eines langwierigen Verfahrens, das zu einer Strafe von bis zu 10 Prozent der weltweiten Jahresumsätze (etwa 5,8 Milliarden Dollar) hätte führen können.

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ZDNet.de Redaktion

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