Bundesdatenschutzbeauftragter konnte Quellcode des Staatstrojaners nicht prüfen

Peter Schaar, der Bundesbeauftragte für den Datenschutz und die Informationsfreiheit, hat keinen Zugang zum Quellcode der Trojaner-Software erhalten, die unter anderem vom Bundeskriminalamt zur Überwachung von Computern eingesetzt wurde. Das geht aus einem Schreiben (PDF) Schaars an den Vorsitzenden des Innenausschusses des Deutschen Bundestags hervor, das der Chaos Computer Club (CCC) veröffentlicht hat.

In dem Brief vom 14. August fasst der Bundesdatenschutzbeauftragte die Erkenntnisse ergänzender Untersuchungen zu seinem Ende Januar vorgelegten Abschlussbericht zur Quellen-Telekommunikationsüberwachung durch die Sicherheitsbehörden zusammen. Darin heißt es unter anderem, der Hersteller der Software, DigiTask, mache den Zugang zum Quellcode „von vertraglichen Abreden abhängig, die ich nicht akzeptieren kann“.

Da der Quellcode auch den Behörden nicht vorliege, könnten Schaar und seine Mitarbeiter ihn nur einsehen, wenn DigiTask ihn vorlege. Die Firma wollte aber nur unter der Bedingung Einsicht gewähren, dass der Bundesdatenschutzbeauftragte eine Geheimhaltungsvereinbarung unterzeichnet. Zudem verlangte sie 1428 Euro pro Prüfungstag und Mitarbeiter für „Consulting-Dienstleistungen“. Schaar lehnte diese Forderungen mit Verweis auf seine Pflichten als staatlicher Kontrolleur ab. „Daher ist es mir im Ergebnis nicht möglich, den Quellcode zur datenschutzrechtlichen Kontrolle zu sichten“, schreibt er an den Innenausschuss.

An seiner kritischen Beurteilung des Trojaners hält der Bundesdatenschutzbeauftragte auch nach Abschluss der zusätzlichen Untersuchungen fest. Schon Ende Januar hatte er in seinem Bericht darauf hingewiesen, dass die Spionage-Software die Datenschutzanforderungen nicht erfüllt. Er kritisierte vor allem die Verschlüsselung und die „Löschungsmöglichkeiten für Inhalte aus dem Kernbereich privater Lebensgestaltung“. Das Bundesinnenministerium sehe „insgesamt zwar Verbesserungspotential, aber keinen rechtlichen Handlungsbedarf“, so Schaar.

Auch der CCC kritisiert, dass das BMI „die in Anfängermanier zusammengestoppelte Absicherung der Kommunikation zwischen Staatstrojaner und Kontrollcomputer“ weiterhin für ausreichend erachtet. „Damit wird weiterhin in Kauf genommen, daß staatliche Trojaner nicht effektiv kontrolliert und somit auch von Dritten zur Ausspähung und Manipulation von Daten benutzt werden könnten“, sagte CCC-Sprecher Dirk Engling.

Bundesinnenminister Hans-Peter Friedrich (CSU) hatte den Einsatz des Trojaners mehrfach verteidigt. Den Verdacht, die Ermittlungsbehörden spähten mehr Informationen aus, als erlaubt, wies er vehement zurück. Gleichzeitig kündigte er jedoch an, die Software nicht mehr von einer privaten Firma entwickeln zu lassen, sondern von einem Kompetenzzentrum des BKA. Dieses sucht per Stellenausschreibung zur Zeit einen „Software-Designer zur Konzeption und Entwicklung technischer Überwachungsmethoden bei Straftaten im Zusammenhang mit Computernetzwerken“.

ZDNet.de Redaktion

Recent Posts

Neue Backdoor: Bedrohung durch Malvertising-Kampagne mit MadMxShell

Bisher unbekannter Bedrohungsakteur versucht über gefälschte IP Scanner Software-Domänen Zugriff auf IT-Umgebungen zu erlangen.

1 Tag ago

BSI-Studie: Wie KI die Bedrohungslandschaft verändert

Der Bericht zeigt bereits nutzbare Angriffsanwendungen und bewertet die Risiken, die davon ausgehen.

2 Tagen ago

KI-Wandel: Welche Berufe sich am stärksten verändern

Deutsche sehen Finanzwesen und IT im Zentrum der KI-Transformation. Justiz und Militär hingegen werden deutlich…

2 Tagen ago

Wie ein Unternehmen, das Sie noch nicht kennen, eine Revolution in der Cloud-Speicherung anführt

Cubbit ist das weltweit erste Unternehmen, das Cloud-Objektspeicher anbietet. Es wurde 2016 gegründet und bedient…

2 Tagen ago

Dirty Stream: Microsoft entdeckt neuartige Angriffe auf Android-Apps

Unbefugte können Schadcode einschleusen und ausführen. Auslöser ist eine fehlerhafte Implementierung einer Android-Funktion.

2 Tagen ago

Apple meldet Umsatz- und Gewinnrückgang im zweiten Fiskalquartal

iPhones und iPads belasten das Ergebnis. Außerdem schwächelt Apple im gesamten asiatischen Raum inklusive China…

2 Tagen ago