Die Piratenpartei Bayern hat zusammen mit dem Regionalverband Südbayern der Humanistischen Union wegen der behördlich eingesetzten Überwachungssoftware „Bayerntrojaner“ Strafanzeige gegen den bayerischen Innenminister Joachim Herrmann (CSU), den Präsidenten des bayerischen Landeskriminalamts Peter Dathe sowie gegen weitere beteiligte Personen erstattet. Wie aus der bei der Münchener Staatsanwaltschaft eingegangenen Anzeige (PDF) hervorgeht, werfen die Piraten den Beschuldigten unter anderem das illegale Ausspähen und Abfangen von Daten, Datenveränderung und Computersabotage sowie Datenschutzverletzungen vor.
Das LKA habe mittlerweile eingeräumt, den „Bayerntrojaner“ seit Anfang 2009 in insgesamt 22 Fällen eingesetzt zu haben, wobei 12 Fälle allein auf das laufende Jahr entfielen, heißt es in der fünfseitigen Anzeige. Dieser Aspekt sei von besonderer Relevanz, weil das Landgericht Landshut genau diese Praxis mit Beschluss vom 20. Januar 2011 (Az.: 4 Qs 346/10; Az. der StA Landshut: 45 Js 11552/08) beanstandet und für rechtswidrig erklärt habe. Dieser Beschluss werde „vom LKA offenbar bewusst ignoriert“ und die rechtswidrige Praxis unverändert fortgesetzt. Angesichts des Urteils des Bundesverfassungsgerichts zur sogeannten Onlinedurchsuchung vom 27. Feburar 2008 (Az.: 1 BvR 370/07 und 1 BvR 595/07) sei „auch juristisch offensichtlich, dass derartige Maßnahmen unzulässig sind“. Für datenschutzrechtlich bedenklich halte man zudem, dass die ausgespähten Daten über einen Server eines kommerziellen Providers in den USA umgeleitet würden.
„Wenn sich Behörden nicht an geltendes Recht und die Vorgaben des Bundesverfassungsgerichts halten, muss sich der Rechtsstaat dagegen zur Wehr setzen können“, sagte Stefan Körner, Landesvorsitzender der Piratenpartei in Bayern. „Ob die Justiz zu einer konsequenten Ermittlung in dem Fall fähig und willens ist oder dabei versagt, wird sich jetzt herausstellen.“
Ulrich Fuchs vom Regionalverband Südbayern der Humanistischen Union ergänzt: „Wenn die in den Medien erhobenen Vorwürfe richtig sind, liegt ein Angriff auf den Rechtsstaat und seine Verfassung vor. Der genaue Sachverhalt kann nur durch konsequente strafrechtliche Ermittlungstätigkeit aufgeklärt werden. Sollten sich die Vorwürfe bestätigen, darf ein Verfassungsbruch diesen Ausmaßes nicht ohne Folgen bleiben.“
Der CCC hatte Anfang vergangene Woche bei einer Analyse des ihm zugespielten Bundestrojaners festgestellt, dass dieser nicht nur Daten ausspähen, sondern auch Rechner fernsteuern, Skype- und VoIP-Gespräche abhören sowie weitere Schadprogramme nachladen und ausführen kann. Zudem erzeuge der Trojaner auf dem Computer des Betroffenen gravierende Sicherheitslücken, die Dritte ausnutzen könnten. In der Folge gaben Baden-Württemberg, Bayern, Brandenburg und Niedersachsen zu, in verschiedenem Ausmaß die Überwachungssoftware genutzt zu haben.
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