Miguel de Icaza: „Die Ausgliederung von Mono war ein Segen“


Miguel de Icaza (Bild: Wikimedia Commons)

Xamarin-Chef Miguel de Icaza ist der Meinung, dass sich die Entlassung des Mono-Teams durch Novell letztlich als Segen erwiesen hat. Er war bei Novell mit der Arbeit an Mono betraut gewesen. Sein Start-up führt jetzt die Entwicklung kommerzieller .NET-Lösungen für iOS und Android weiter.

Mono heißt die freie Implementierung von Microsofts .NET-Framework. Sie funktioniert als .NET für Linux oder Silverlight für Linux (Moonlight), ist aber auch für Mac OS X, Sonys Playstation 3 und Nintendos Wii verfügbar. Es steht zudem für iPhone, iPad und Android sowie für HTML-Entwickler bereit – via MonoTouch, Mono for Android sowie Manos de Mono.

Im Gespräch mit ZDNet sagte de Icaza, er habe schon früher mit dem Gedanken gespielt, ein eigenes Unternehmen für die Arbeit an Mono zu gründen. Während Novells Übernahme durch Attachmate habe er diese Pläne aber aufgeschoben. „Durch die Kündigung hatten wir einen klaren Schnitt. Die Planungen für das neue Unternehmen ließen sich überraschend schnell umsetzen. Eine Ausgründung aus Novell heraus hätte vermutlich Monate gedauert.“

Der Schwerpunkt liegt laut de Icaza jetzt nicht mehr darauf, .NET-Anwendungen unverändert auf anderen Plattformen laufen zu lassen. Es gehe vielmehr darum, Entwickler zu befähigen, ihre vorhandenen .NET-Erfahrungen und die Stärke von C# auf anderen Plattformen umzusetzen – insbesondere auf mobilen Geräten. Mono sei heute jedoch nicht das, was den Entwicklern ursprünglich vorschwebte, erkärte de Icaza. „Aber wir haben jetzt tausende von zahlenden Kunden, die Mono auf dem iPhone und auf Android einsetzen. Wir haben weit mehr Entwickler, als wir jemals auf dem Desktop hatten.“

Es sind unterschiedliche Vorzüge, die den Entwicklern zusagen. „Einigen gefallen Funktionen der Sprache, andere benötigen Cross-Plattform-Anwendungen oder beschäftigen Entwickler, die sie auf verschiedenen Plattform produktiv einsetzen wollen“, erläutert de Icaza. Mono kombiniere die Vorteile von .NET und C#: „C# ist als innovative Programmiersprache unübertroffen“. Zudem sei es eine Option für Windows-Entwickler, ihre Fähigkeiten auch auf andere Plattformen zu bringen. „Sie können viel Wissen mitnehmen. Sie können Tausende von .NET-Bibliotheken erneut nutzen, die sie erstellt und getestet haben.“

De Icaza glaubt, dass Microsoft die Bedeutung von .NET unterschätzt, weil es sich auf Windows konzentriert. „Wir lieben .NET weit mehr als Microsoft“, scherzte er. „Es ist etwa so, wie wenn deine Freundin ihre Freunde verleugnet: Microsoft leugnet, dass Mac OS, das iPhone, Android, Chrome OS und all das existiert.“ Bis vor sechs Jahren habe Windows die Welt dominiert. „Entscheidend war, was Microsoft sagte. Jetzt leben wir in einer heterogenen Welt.“

Microsoft unterstütze Mono heute deutlich stärker als vor einigen Jahren. „Uns geht es vor allem darum, .NET auf alle Geräte zu bringen. Es gibt eine Menge Leute bei Microsoft, denen das ebenfalls gefällt. Microsoft hat viel getan, um uns zu helfen durch die Open-Source-Freigabe von .NET-Komponenten, die wir in Mono erneut nutzen konnten. Uns blieb daher eine Aufholjagd erspart bei Dingen wie DLR, F#, MVC, Orchard CMS.“ De Icaza schätzt die dadurch eingesparte Entwicklungszeit für Mono auf zwei bis drei Jahre. Die Befürchtung der Open-Source-Community, Microsoft könnte seine Rechte geltend machen, teilt er nicht.

„Wir glauben, dass man sich künftig auf .NET und C# als ‚Virtuelle Maschine nach ECMA-Standard und C#‘ beziehen wird, als öffentliche Standards, die überall verfügbar sind, die nicht nur Microsoft-Technologien sind“, sagt de Icaza. „Heute haftet ihnen noch immer ein Stigma außerhalb der Microsoft-Welt an: dass es sich um geschlossene Technologien von Microsoft handelt. Das wollen wir ändern.“

De Icazas Start-up Xamarin plant Updates für Mono, wenn im Herbst iOS 5 und neue Android-APIs kommen. Darüber hinaus ist eine Version für HPs WebOS angedacht – neben der Arbeit an einem aktualisierten Compiler. „Ich möchte gerne sehen, was aus WebOS wird“, erklärt de Icaza. Denkbar sei auch eine Portierung von Moonlight auf Mac OS. „Dann könnte man Silverlight-Apps in den App Store stellen. Jetzt geht nichts mit Silverlight im Mac App Store aufgrund der externen Abhängigkeit.“

Microsoft hatte angedeutet, sich bei Windows 8 in Richtung Web-Apps bewegen zu wollen. Trotz der Befürchtungen unter Entwicklern ist es jedoch unwahrscheinlich, dass es .NET aufgibt.

ZDNet.de Redaktion

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