IT-Recht für App-Entwickler: Was beim Self-Publishing zu beachten ist

Eine App ist – juristisch betrachtet – ein sogenanntes Telemedium. Damit ist sie rechtlich gesehen einer Website oder einem Newsletter gleichgestellt. Sie muss sich somit an die bekannten impressumsrechtlichen Vorschriften nach Paragraf 5 des Telemediengesetzes (TMG) beziehungsweise Paragraf 55 Absatz 1 des Rundfunkstaatsvertrages (RfStV) halten. Wer journalistisch-redaktionelle Inhalte mittels einer App verbreitet, hat zusätzlich die Angabepflicht nach Paragraf 55 Absatz 2 RfStV zu erfüllen, das heißt eine inhaltlich verantwortliche natürliche Person zu benennen. Es gibt juristisch für Apps also keine Besonderheiten, sondern es kommen die ganz allgemeinen Regelungen zum Zuge.

Während im ersten Teil dieser Reihe geklärt wurde, welche Rechte und Pflichten ein Unternehmen, das eine App erstellen lässt, und der von ihm beauftragte Entwickler haben, erläutert dieser Beitrag, was es alles in Bezug auf den Inhalt einer App zu beachten gilt. Die Besonderheiten, die sich durch das iPhone Developer Program License Agreement und das Android Market Developer Distribution Agreement ergeben, werden später in einem weiteren Teil besprochen.

Einhaltung der fernabsatzrechtlichen Vorschriften

Deutsche Gerichte haben inzwischen mehrfach entschieden, dass die fernabsatzrechtlichen Vorschriften auch für den Mobile Commerce vollständig Anwendung finden. Eine besondere Rücksichtnahme beziehungsweise Anpassung an die technischen Gegebenheiten nimmt die Rechtsprechung nicht vor.

Wer gewerbliche Angebote speziell auch für mobile User anbietet (zum Beispiel durch eine mobilen Endgeräten angepasste Fassung seiner Webseite), der muss dabei die gesamte Palette des Fernabsatzrechts berücksichtigen – angefangen von der Wiedergabe der Muster-Widerrufserklärung bis hin zu den sonstigen gesetzlichen Pflichtangaben.

Seit vielen Jahren verzweifeln ganze Heerscharen von Juristen an dieser Aufgabe: Denn die technischen Voraussetzungen – etwa die Displaygröße – machen es nicht einfach: Bereits der seitenlange, umfangreiche Texte der Muster-Widerrufsbelehrung lässt jede App schnell an die Grenzen aller vertretbaren Überlegungen zur Usability stoßen. Will sich ein Entwickler tatsächlich haarklein an die gesetzlichen Vorgaben des Fernabsatzrechts halten, vergrault er praktisch jeden Kunden vorab mit den Pflichtangaben. Der Kunde wird genervt den „Abbrechen“-Button drücken und bei einem anderen Anbieter einkaufen.

Seit der letzten Gesetzesreform des Fernabsatzrechts, die zum 11. Juni 2010 in Kraft getreten ist, gibt es eine Lösung für dieses Problem. Danach hat eine Widerrufsbelehrung, die dem Käufer „unverzüglich nach Vertragsschluss“ zugesandt wird, die gleiche Wirkung wie wenn sie bereits bei Entstehung des Vertrages vorlag (Paragraf 355 Absatz 2 BGB). Lediglich die Widerrufsfrist ist eine andere: Während herkömmlicherweise der Käufer nur einen Zeitraum von 14 Tagen zum Widerruf hat, steht ihm dann ein Monat zu.

Somit reicht es aus, wenn Kunden, die etwas über die Website bestellen, die gesetzlichen Pflichtangaben nach dem Kauf unmittelbar per E-Mail erhalten. Das Gesetz verlangt hier lediglich ein „unverzügliches Handeln“. Der Begriff ist dehnbar. Nach Ansicht des Landgerichts Dortmund (Beschluß vom 7. April 2011 – Aktenzeichen 20 O 19/11) erfüllt ein Zeitraum von zwei Tagen diese Forderung jedoch nicht mehr. Der Haken an der Sache: Besitzt man keine E-Mail-Adresse des Kunden, ist diese Lösung natürlich nicht möglich.

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Die Kanzlei Dr. Bahr ...

... ist auf den Bereich des Rechts der Neuen Medien und den Gewerblichen Rechtsschutz (Marken-, Urheber- und Wettbewerbsrecht) spezialisiert. Unter www.Law-Podcasting.de betreibt sie einen eigenen wöchentlichen Podcast und unter www.Law-Vodcast.de einen monatlichen Video-Podcast. Außerdem stellt die Kanzlei aktuelle Informationen über eine eigene iPhone-App zur Verfügung.

Nur am Rande sei angemerkt, dass sich sowohl Apple als auch Google beim Kauf von Apps in ihrem jeweiligen Store nicht an diese gesetzlichen Bestimmungen halten. Das sollte Entwickler und Auftraggeber aber keinesfalls dazu motivieren, sich ebenso rechtswidrig zu verhalten. Denn im Gegensatz zu den beiden Unternehmen haben sie meist keine Armada an Rechtsanwälten in der Hinterhand.

Einhaltung der Vorschriften zur Preisangabe

Apple und Google ignorieren nicht nur die deutschen Vorschriften des Fernabsatzrechts, sondern kümmern sich auch wenig um die Vorschriften zur Preisangabe. An der rechtlichen Unwirksamkeit ändert übrigens auch der Umstand nichts, dass der Android Market ein freiwilliges 15-minütiges Rücktrittsrecht vom Kauf einräumt.

Aber auch diesbezüglich sollte man den Branchenriesen nicht nacheifern, sondern sich lieber an diese halten, wenn man in einer App oder auf mobilen Angeboten Preise nennt. Die wichtigste Vorschrift zur Preisangabe ist Paragraf 1 Absatz 2 der Preisangabenverordnung (PAngVO) Danach muss neben dem eigentlichen Brutto-Preis auch angegeben werden, dass der Preis die gesetzliche Mehrwertsteuer beinhaltet und ob möglicherweise Liefer- und Versandkosten anfallen.

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ZDNet.de Redaktion

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