Bei der illegalen Nutzung von urheberrechtlich geschützten Inhalten unterscheiden die Befragten deutlich danach, ob diese privat oder gewerblich geschieht: Während sich 82 Prozent gegen eine Bestrafung der illegalen privaten Nutzung von urheberrechtlich geschützten Inhalten aussprechen, sind 81 Prozent dafür, dass deren illegale gewerbliche Nutzung bestraft werden sollte.

Natürlich wissen die Befragten aber auch, dass Wunsch und Wirklichkeit auseinanderklaffen. Daher haben 35 Prozent der Webaktiven ein mulmiges Gefühl und befürchten, erwischt zu werden, wenn sie privat urheberrechtlich geschützte Inhalte ohne entsprechende Berechtigung nutzen. Das mulmige Gefühl entsteht auch dadurch, dass das Wissen über die Rechtslage bei näherer Betrachtung dann doch nicht so ausgeprägt ist, wie die meisten spontan angeben.

„Während der Mehrheit der Webaktiven bewusst ist, dass es nicht rechtmäßig ist, einen aktuellen Kinofilm in einem Peer-to-Peer Netz zur Verfügung zu stellen, gibt es zum Beispiel im Hinblick auf die Privatkopie im Familien- und Freundeskreis Unsicherheiten. Somit haben wir im Augenblick die Situation, dass die einen mit einem Wissen um die rechtlichen Regelungen nichts befürchten, selbst wenn sie sich illegal verhalten, und andere in Unkenntnis ein mulmiges Gefühl haben, auch wenn ihr Verhalten legal ist“, so die Studienautoren.

Verständliches Urheberrecht erforderlich

Sie halten daher die Kenntnis von Recht und Unrecht im Urheberrecht für ebenso wichtig wie das Rechtsempfinden. „Eine rechtliche Regelung gewinnt ihren verbindlichen Charakter für das Verhalten des Einzelnen durch die Kenntnis und Akzeptanz, wenn die Regelung der persönlichen Überzeugung entspricht. Somit liegt die Herausforderung in einem verständlichen wie nachvollziehbaren Urheberrecht.“

Darüber, ob und für wen bei Urheberrechtsverletzungen im Internet überhaupt ein Schaden entsteht, gehen die Meinungen weit auseinander (siehe Grafik weiter unten). Das hat nach Einschätzung der Umfrageorganisatoren auch damit zu tun, dass die Webaktiven andere Fragen beschäftigen und sie sich über Schäden durch Urheberrechtsverletzungen noch wenig Gedanken gemacht haben.

Nur jeder Fünfte befragte spricht sich allerdings für vollkommen freie Inhalte im Internet aus. Die Hälfte ist für die kostenlose Verbreitung von Inhalten aus Bildung und Wissenschaft, ein Drittel möchte, dass die Entscheidung immer allein beim Urheber liegt. Eine Kulturflatrate, also eine monatliche Pauschale auf alle Internetzugänge in Deutschland, die den Urhebern von Musik, Büchern und Filmen zugutekommt, befürworten 43 Prozent. Allerdings sind Befragten, die bisher auf illegale Angebote zurückgreifen, von einer monatlichen Pauschale überzeugter als solche, die bisher schon für legale Angebote zahlen.

Beachtenswert ist aber auch, dass nur 18 Prozent der Webaktiven angeben, dass sie urheberrechtlich geschützte Inhalte in den vergangenen drei Jahren häufiger illegal privat genutzt haben als vorher. Wichtigste Gründe für die Zunahme sind eine verbesserte technische Ausstattung, gestiegene Verfügbarkeit solcher Inhalte und die bessere Funktionalität von Plattformen, über die sie sich beschaffen lassen.

Urheberrechtsverstöße rückläufig

45 Prozent nutzten dagegen urheberrechtlich geschützte Inhalte in den vergangenen drei Jahren privat seltener illegal als vorher. Häufigster Grund ist die Verfügbarkeit alternativer, kostenpflichtiger Angebote. An zweiter Stelle steht die vermehrte Nutzung legaler, kostenfreier Angebote. Außerdem sinkt der Anteil der Webaktiven, der sich die Mühe machen will, kostenfreie Kopien auf dem Rechner zu horten. Dagegen steigt der Anteil derjenigen, die Wert darauf legen, möglichst jederzeit und überall Zugang zu einem bestimmten Musikstück oder Film zu haben. Dafür wünschen sie sich einfach verständliche Angebote, für die sie bei vorhandenem Budget auch zu zahlen bereit sind.

Daneben spielen zwei andere Aspekte eine nicht unwesentliche Rolle: An sechster Stelle steht die Aussage, dass die Befragten weniger Zeit als früher haben, an dritter, dass sie mehr Geld als früher haben. Die Studie gibt dazu nicht die notwendigen Daten her, aber es liegt nahe, dass es sich dabei vielfach um Nutzer handelt, die den Schritt von Schule, Ausbildung oder Studium in den Beruf gemacht haben. Die Raubkopierer von gestern sind also in erheblichem Umfang doch die Käufer von morgen – auch wenn diese Aussage von Musik- und Filmindustrie immer wieder heftig bestritten wird.


Die Meinungen der Webaktiven darüber, ob und für wen bei Urheberrechtsverletzungen im Internet ein Schaden entsteht, gehen weit auseinander (Grafik: IFSE).

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ZDNet.de Redaktion

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