Interview: Deutschland trödelt beim Glasfaserausbau

ZDNet: Breitband ist ja nicht gleich Breitband. Wie schätzen Sie die derzeit am Markt vorhandenen Technologien ein?

Hartwig Tauber: Wir sehen Glasfaser als die einzige Breitbandtechnologie an, die in der Lage ist, die Bandbreitenanforderungen der Endanwender tatsächlich zu erfüllen. Die diversen DSL-, Kabel- und Funklösungen haben kritische Schwächen, unter denen die Endkunden schon heute leiden. Dazu gehört, dass Bandbreiten immer nur „bis zu“ angeboten werden – die tatsächliche Geschwindigkeit, die der Kunde erhält, liegt in den meisten Fällen deutlich darunter. Eine unabhängige britische Studie hat festgestellt, dass im Falle von Mobilfunk-Breitband der Kunde überhaupt nur 20 Prozent der beworbenen Geschwindigkeit tatsächlich erhält.


Professor Hartwig Tauber, Director General beim FTTH Council Europe (Bild: FTTH Council Europe).

Eine weitere Schwäche der heute eingesetzten Technologien ist der langsame Upload. Die Geschwindigkeit, mit der Daten in das Internet hochgeladen werden können, ist heute meist im niedrigen einstelligen Megabit-Bereich. Damit ein HD-Urlaubsvideo auf Youtube zu laden oder eine Firmenpräsentation vom Home Office auf den Firmenserver zu kopieren ist schon jetzt eine Zumutung.

ZDNet: Jetzt könnte man einwenden, dass Sie als Sprecher eines Verbandes, dessen Mitglieder sich aus Anbietern von Glasfasertechnologien rekrutieren, diese Technologie natürlich bevorzugen muss …

Hartwig Tauber: Andererseits sprechen auch die puren Fakten für Glasfaser. Angebote mit garantierten 100 MBit/s für Endkunden sind heute auf Glasfaserbasis bereits vielfach verfügbar – und in Asien sogar günstiger als mancher lahmende DSL-Anschluss in Deutschland. Es ist deshalb wenig verwunderlich, wenn uns heute nahezu alle Experten und die Netzbetreiber selbst zustimmen, dass Glasfaser die einzige langfristige Lösung für Breitbandtelekommunikation ist. Als FTTH Council Europe ist es unsere Aufgabe darauf zu drängen, dass die Entscheidungen für Glasfasernetze so schnell wie möglich gefällt werden. Denn deren Implementierung wird sowieso einige Jahre in Anspruch nehmen. Es ist zu spät, erst dann mit dem Bau zu beginnen, wenn die Bandbreiten bereits dringend benötigt werden.

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ZDNet.de Redaktion

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