Google-Urteil des BGH: Rechteinhaber in die Pflicht genommen

Die Künstlerin war Google bereits vor dem Landgericht Erfurt (Aktenzeichen 3 O 1108/05) sowie dem Thüringische Oberlandesgericht in Jena (Aktenzeichen 2 U 319/07) unterlegen. Das Landgericht Erfurt sah zwar eine Urheberrechtsverletzung durch Google gegeben und wertete die Umwandlung der urheberrechtlich geschützten Werke in Thumbnails als einen Eingriff in das Recht zur Bearbeitung nach Paragraf 23 des Urheberrechtsgesetzes, wies die Klage aber dennoch ab.

Begründet wurde das folgendermaßen : „Dieser Eingriff in die Verwertungs- und Nutzungsrechte der Klägerin ist aber nicht widerrechtlich. Die Widerrechtlichkeit entfällt, weil die Klägerin in diese Nutzung und Verwertung konkludent eingewilligt hat. Bei der Vielzahl von Informationen, die das Internet bereithält, steht man ständig vor dem Problem Unwesentliches von Wesentlichem zu trennen. Zur Bewältigung dieser Aufgabe ist der Internetnutzer auf die Funktion von Suchmaschinen dringend angewiesen. Auf der anderen Seite dienen Suchmaschinen aber auch den Interessen derjenigen, die eine eigene Webseite ins Netz stellen.“

Wer eine Website erstelle, habe regelmäßig Interesse daran, dass diese auch gefunden und aufgerufen werde. In diesem Zusammenhang sei eine Suchanzeige in Form von Vorschaubildern bei der Suche nach Kunstwerken sehr viel aussagekräftiger als Worte, die ein Werk allein nur unzulänglich beschrieben. „Die Abbildung von ‚Thumbnails‘ liegt daher grundsätzlich im Interesse das Urhebers“, so die Erfurter Richter weiter. Auch aus einem Copyright-Vermerk könne nichts Gegenteiliges geschlossen werden.

Die Sicht des Oberlandesgerichtes Jena

Rechtsanwalt Christian Solmecke von der Kanzlei Wilde Beuger & Solmecke, hält diese Einschätzung für „bedenklich“. Dieser Ansicht war auch das Oberlandesgericht Jena. Es kam nämlich zu dem Ergebnis, für die sogenannte konkludente Einwilligung fehle es an einem tatsächlichen Verhalten des Urhebers: Nicht jeder, der ein Bild in das Internet stelle, sei auch damit einverstanden, dass eine Suchmaschine es als Thumbnail nutzt.

Dennoch wies auch das Oberlandesgericht die Klage ab. Der Grund: Die Klägerin habe selbst eine Suchmaschinenoptimierung vorgenommen. Insbesondere habe sie durch die Vergabe von Meta-Tags und Keywords im Quellcode die Bildsuche beeinflusst. Insofern handle sie nun im Rahmen ihrer Klage widersprüchlich: Ein Rechteinhaber könne sich nicht einerseits auf ein mangelndes Einverständnis mit der Indexierung durch Suchmaschinen berufen und andererseits die Indexierung letztendlich durch Suchmaschinenoptimierungen erleichtern.

Die Sicht des Landgerichts Hamburg

In einem ähnlichen Verfahren hatte das Landgericht Hamburg 2008 sogar das akzeptiert (Aktenzeichen 308 O 248/07): Nach Ansicht des Hamburger Gerichts erteilt ein Webseiten-Betreiber nicht alleine dadurch, dass er sie online stellt Google eine Einwilligung, urheberrechtlich geschützte Bilder als automatische Thumbnails anzuzeigen.

Die Einwilligung ergebe sich auch nicht daraus, dass durch entsprechende Maßnahmen (etwa „robots.txt“. oder „.htaccess“) die Öffentlichkeit oder Teile der Öffentlichkeit von der Nutzung einer Webseite ausgeschlossen werden könnten. Standards, zum Beispiel des World Wide Web Konsortiums W3C oder das Robots Exclusion Standard Protocol hielten die Hamburger Richter für die rechtliche Beurteilung für unverbindlich.

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ZDNet.de Redaktion

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