Vorwand Kinderpornografie: EU-weites Zensurgesetz droht

Am Montagmorgen verkündete die EU-Kommissarin für Inneres, Cecilia Malmström von der schwedischen liberalen Volkspartei (FL), dass die Kommission dem Ministerrat und dem europäischen Parlament eine Richtlinie (PDF) vorlegen werde, die in etwa den Vorschriften des deutschen Internetzensurgesetzes entspricht. Diese Richtlinie muss jeder Mitgliedsstaat in nationales Recht transformieren, sofern sie Ministerrat und Parlament absegnen.

Noch bevor Malmström die Richtlinie offiziell vorstellte, verteidigte sie das Vorhaben in ihrem Gastbeitrag „Dunkle Ecken des Internets aufräumen“ in der F.A.Z. Wer die Diskussion um das Internetzensurgesetz in Deutschland verfolgt hat, erkennt sofort, dass Malmström exakt dieselben und allesamt widerlegten Argumente der deutschen Sperrbefürworter benutzt. Daher darf es nicht verwundern, dass die „Netzgemeinde“ Malmström prompt den Spitznamen „Censilia“ verpasst hat – analog zu „Zensursula“.

Die Meinungsfreiheit sei Malmström sehr wichtig, allerdings höre sie bei der Verbreitung von kinderpornografischem Material auf. Das habe mit dem Grundrecht auf Meinungsfreiheit nichts zu tun. Löschen allein könne keine wirksame Maßnahme sein, da die Mehrzahl der kinderpornografischen Angebote auf Servern außerhalb der EU gehostet werden.

Die Richtlinie besteht aus insgesamt 26 Artikeln. Die meisten davon sind nachvollziehbar und dürften weite Zustimmung in ganz Europa finden. Sexueller Missbrauch, sexuelle Ausbeutung von Kindern und Kinderpornografie werden unter Strafe gestellt, wobei alle Personen unter 18 Jahren als Kinder im Sinne der Richtlinie bezeichnet werden.

Mit einen Informationsaustauschsystem soll verhindert werden, dass verurteilte Straftäter Zugang zu Berufsgruppen mit Kontakt zu Kindern erhalten. Ferner wird minderjährigen Opfern Zugang zu kostenfreier Rechtsberatung garantiert, auch zum Zwecke der zivilrechtlichen Entschädigung. Darüber hinaus dürfen Opfer nur vernommen werden, wenn es für die Strafverfolgung unbedingt erforderlich ist. Dazu müssen speziell ausgebildete Fachkräfte in geeigneten Räumlichkeiten, also nicht in „Verhörzellen“, eingesetzt werden.

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ZDNet.de Redaktion

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