Interview: CEO Steve Ballmer über das Leben nach Vista

ZDNet: Wir konzentrieren uns meist auf die großen Features wie WinFS (File System) und andere, die 2004 im Gespräch waren. Befinden sie sich immer noch in der Entwicklung?

Ballmer: Aber sicher. Wir haben zum Beispiel über die (Windows) Presentation Foundation geredet. Bei unserem Treffen mit unseren Finanzanalysten habe ich vier wichtige Bereiche erwähnt: Erstens den Desktop und die Produktivität des Einzelnen. Zweitens das Unternehmen. Drittens Unterhaltungsgeräte, und viertens das Internet.

In den letzten drei Jahren haben nur wenige Ingenieure am Desktop gearbeitet. Die Anzahl der Mitarbeiter, die sich mit Unternehmensanwendungen beschäftigen, ist hingegen gestiegen, ebenso wie im Internet-Bereich. Und auch an Unterhaltungsgeräten haben etwas mehr Leute gearbeitet – bestimmt weniger, als viele denken, denn als die Xbox fertig war, konnten einige Ressourcen zum Beispiel für den Zune abgestellt werden. Aber das waren wirklich relativ wenige, und die anderen Bereiche sind stärker angewachsen.

Im Geschäftsbereich scheinen die Verbraucher immer größeren Einfluss darauf zu haben, welche Technologien wir bei der Arbeit verwenden. Die Verbraucher nutzen eine Technologie zu Hause, und dann wollen sie sie auch bei der Arbeit. Das scheint heute noch mehr zu gelten als vor fünf Jahren bei der Einführung von Windows XP.

Die Etablierung von Windows und der PC- und Office-Software ging größtenteils von den Endbenutzern aus, nicht von der IT, kein Zweifel. Also glauben wir – glaube ich -, dass die meisten Programme sich zuerst beim Endbenutzer durchsetzen. Damit meine ich die für den Benutzer sichtbaren Innovationen. Die Virtualisierung wird sich hingegen nicht als Erstes im Endbenutzermarkt durchsetzen. Neue Firewall-Technologien dürften zuerst in Unternehmen auftauchen, aber die Technologien, die den Benutzer direkt betreffen, setzen sich zuerst beim Benutzer durch.

Während die Leute wegen des Jahr-2000-Problems verstärkt eine zentrale Verwaltung wollten, hat sich dieses inzwischen etwas abgeschwächt. Aber generell kann man sagen: Wenn wir unsere Technologie verbreiten wollen, müssen wir zunächst den CEO und die Geschäftsleitung persönlich davon begeistern. Das ist ein entscheidender Punkt.

Und dann gibt es ein paar Bereiche, in denen das Internet zugegebenermaßen fitter ist als Einzelanwendungen, wenn sich die IT nicht richtig reinkniet. Wir haben eine tolle Enterprise-Suche, aber wir mussten die IT erst einmal dazu bewegen. Wenn die IT nicht will, hat man ein Problem, denn wer will schon seine Unternehmensdaten offen ins Internet stellen! Also fördert es die Akzeptanz in Unternehmen durchaus, wenn wir diese Technologien bereitstellen und im Rest der Welt bekannt machen.

ZDNet: Halten Sie vor diesem Hintergrund die Vermarktung der Produkte an Privatanwender heute für wichtiger als früher?

Ballmer: Nein, nicht für wichtiger. Wir sind mit den Privatanwendern groß geworden. Sie sind für uns sehr wichtig, und so wird es auch bleiben. In der Microsoft-Geschichte drehte sich schon immer alles um den Privatanwender, und die Leute sagen, wir kommen nicht an die IT heran. Das war so bis etwa 1995, ’96, ’97. Erst in den letzten fünf oder sechs Jahren haben wir uns „offiziell“ bei den Unternehmen und in der IT durchgesetzt. Wir brauchen dem Entwickler, der IT, dem Unternehmen und dem Privatanwender gegenüber einen langen Atem. Sobald wir einen davon vernachlässigen, gibt es Probleme.

Unsere Flaggschiffe im Konsumgüterbereich hatten einen Nachholbedarf. Windows, der Internet Explorer… also all unsere führenden Produkte auf dem Markt. Bei Office war die Lücke etwas kleiner.

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ZDNet.de Redaktion

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