Schisma in der Open-Source-Szene: Torvalds gegen Stallman

Linux-Gottvater Linus Torvalds will die GPL in der Version 3 nicht auf „sein“ Betriebssystem anwenden. „Der Wechsel wird nicht stattfinden“, so Torvalds in einem Posting auf der Linux-Kernel-Mailingliste. „Ich glaube nicht, dass ein Wechsel zur GPL v3 für den Kernel stattfinden wird, da ich persönlich nichts von meinem Code darauf umstellen will.“

Torvalds kritisiert besonders eine neue Bestimmung im Entwurf für die GPL 3 gegen das Digital Rights Management (DRM). Die Technologie setzt auf Verschlüsselung zur Kontrolle der Verwendung von Inhalten und der Nutzung von Software. Mit der GPL 3 wären diese Verschlüsselungen nicht mehr zulässig. „Ich glaube, es ist verrückt, zu verlangen, dass jemand seine privaten Signierschlüssel offen legen soll. Ich würde das jedenfalls nicht tun“, sagte er.

Die GPL ist ein juristisches Dokument und gleichzeitig ein Manifest der Free-Software- und Open-Source-Bewegungen. Sie legt eine Reihe von Freiheiten für die gemeinschaftliche Software-Entwicklung fest. Im Wesentlichen verlangt sie, dass der einem Programm zugrunde liegende Quellcode eingesehen, kopiert, verändert und verbreitet werden darf.

Die Diskussion um Linux und die GPL wirft ein Schlaglicht auf eine schon lange währende grundsätzliche Spaltung innerhalb der Bewegungen für gemeinschaftliche Programmierung: Torvalds vertritt einen pragmatischen Ansatz, welcher der vorherrschenden Praxis der Computerindustrie entspricht. Torvalds arbeitete zum Beispiel jahrelang an proprietärer Software bei dem Chipdesigner Transmeta. Auch erlaubt er, dass proprietäre Grafikkartentreiber als Module in den Linux-Kernel geladen werden.

Die entgegengesetzte Position bei diesem Streitpunkt vertritt Richard Stallman. Er ist Gründer und Präsident der Free Software Foundation und ruft schon Mal zum Boykott von Harry-Potter-Büchern auf. Seine Ziele formuliert er ausdrücklich in ethischen und sozialen Kategorien, und an seinen Prinzipien hält er eisern fest. „Die [Free Software] Foundation ist überzeugt, dass freie Software – also Software, die beliebig studiert, kopiert, verändert, wieder verwendet, verteilt und von ihren Benutzern gemeinsam genutzt werden kann – die einzig ethisch zufrieden stellende Form der Software-Entwicklung darstellt, da freie und offene wissenschaftliche Forschung der einzige ethisch zufrieden stellende Kontext zur Praktizierung von Mathematik, Physik oder Biologie ist“, schreiben Stallman und FSF-Anwalt Eben Moglen in einem Artikel zu den Hintergründen von GPL 3.

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ZDNet.de Redaktion

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