Telekom-Software sorgt für DSL-Chaos

Wegen massiver Softwareprobleme bei der Deutschen Telekom warten bis zu 120.000 Kunden auf ihre teilweise schon vor Monaten bestellten DSL-Anschlüsse. Betroffen sind ausschließlich Kunden, die Wiederverkäufer der Telekom wie 1 & 1, Freenet oder Arcor mit dem DSL-Anschluss beauftragt haben. „Rund 50.000 DSL-Bestellungen sind allein von uns in den EDV-Systemen der Telekom hängen geblieben. Sie können nicht weiter bearbeitet werden“, sagt Ralph Dommermuth, Vorstandschef der United Internet AG (1&1, GMX). Und täglich werden es mehr. Auf Grund der chaotischen Abwicklung der DSL-Resale-Aufträge bei der Telekom zieht er nun Konsequenzen: „Wir werden in Kürze mit dem Aufbau einer eigenen DSL-Infrastruktur in Ballungszentren beginnen“, kündigte Dommermuth gegenüber dem „Handelsblatt“ an. Die Investitionssumme dafür wird anfangs bei 30 bis 50 Mill. Euro liegen.

Mit rund einer Million DSL-Kunden habe United Internet die „notwendige Größe“, so Dommermuth. Wieviel Umsatz Telekom dadurch verliert, ist schwer abschätzbar. In diesem Jahr wird United Internet rund 150 Mill. Euro für die Nutzung von Netzinfrastruktur an die Telekom überweisen. Auch bei anderen Telekom-Wettbewerbern wächst der Frust: „Wir werden seit Wochen vertröstet, weil die Telekom nicht in der Lage ist, ihre vertraglichen Verpflichtungen einzuhalten“, schimpft Freenet-Chef Eckhard Spoerr. Im Call-Center der Hamburger sei die Zahl der Anrufe auf bis zu 100 000 täglich angewachsen. Den Kunden sei aber nur schwer zu erklären, dass die Ursache für die Verzögerung bei der Telekom liege. „Das Resale der Telekom-Anschlüsse läuft auf eine systematische Rufschädigung des Wettbewerbs im Markt hinaus“, befürchtet Spoerr.

Laut Branchenkreisen ist die bei der Telekom eingesetzte Software so mangelhaft, dass im Schnitt jeder dritte Neukunde der Wiederverkäufer zum Problemfall wird. „Die Fehlerliste reicht von fehlender Rückmeldung, über falsche Termine bis zu abgelehnten Kunden, die dann doch freigeschaltet werden“, so ein Insider. „Dabei wäre es möglich die Bestellungen manuell nachzuarbeiten“, glaubt Spoerr. Denn die Freischaltung von DSL-Anschlüssen der T-Com funktioniere ohne Verzögerungen. Doch im Gegensatz zu den Kunden der Partner würden Aufträge der T-Com von Hand nachbearbeitet. Bei der T-Com räumt man Schwierigkeiten bei DSL-Resale-Anschlüssen ein: „Die Einführung der Systeme für DSL-Resale war ein Großprojekt, das sehr schnell umgesetzt werden musste“, sagt ein T-Com-Sprecher. Man arbeite mit Hochdruck an der Problemlösung. Diese Einschätzung teilen die Wettbewerber inzwischen nicht mehr. Offensichtlich habe die Telekom die administrativen Probleme von Anfang an unterschätzt“, urteilt ein Arcor-Sprecher. Durchschnittliche Fristen von mehr als drei Wochen für die Freischaltung eines DSL-Resale-Anschlusses seien „eindeutig zu lang“.

Das Fass zum überlaufen brachte aber die Tatsache, dass seit vergangenen Montag für die Kunden von Resale-Partnern auch keine DSL-Splitter lieferbar sind, die den Daten- und Sprachverkehr trennen. Ein verunglückter Lkw, der DSL-Splitter speziell für Resale-Kunden geladen hatte, ist laut T-Com der Grund dafür. „Wir erwarten für Montag eine neue Lieferung von rund 25.000 Splittern“, sagte ein T-Com-Sprecher.

Bei den Wettbewerbern schüttelt man nur noch den Kopf. Allerdings scheint es der Telekom auf Grund mangelhafter Daten auch nicht möglich zu sein, den Wiederverkäufern die bereits funktionierenden Resale-Anschlüsse in Rechnung zu stellen. Ein Unternehmenschef: „Wir sammeln das Geld und bilden Rückstellungen“.

ZDNet.de Redaktion

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