Wie verzweifelt das MS-Management nach neuen Geschäftsmodellen fahndet, zeigt die jüngst lancierte Nachricht von der gescheiterten SAP-Übernahme. Sie ist ein Rückfall in alte Zeiten der Markteroberung auf höchstem finanziellem Niveau. Während man den Kunden bei Great Plains und Navision noch erklären kann, dass es sich hier um Auslaufmodelle handelt, die über kurz oder lang durch eigene Dotnet-basierte Produkte ersetzt werden, würden die SAP-Großkunden derartige Perspektiven mit Macht zurückweisen – und damit Microsoft noch tiefer in das Produkt- und Feature-Geschäft zurückstoßen.
Tatsächlich geht es bei der Eroberung des Marktes für betriebswirtschaftliche Software eben nicht um diesen Anwendungsbereich, sondern darum ein neues Geschäftsmodell auf Basis von Partnerschaften zu generieren. Die Idee liegt darin, dass Microsoft mit Dotnet und einigen vorgefertigten Frameworks die Basis für das Geschäft der Partner liefert. Auf diese Weise ließe sich ein technisch innovatives Standbein neben dem Office-Markt aufbauen. Geht das Konzept im ERP-Bereich auf – so die Hoffnung -, dann lässt es sich auf beliebige Anwendungsbereiche übertragen. Doch bislang hat sich die Division für Microsoft Business Solutions nicht gerade mit Ruhm bekleckert. Die angesichts der für sie nicht immer einfachen Dotnet-Technik zögerlichen Software-Häuser wurden durch Microsofts Navision-Sonderangebot (ERP für 2000 Euro) zur CeBIT noch zusätzlich vergrätzt. Wer will schon gern Partner eines Großkonzerns werden, der einem nicht nur die Technik vorschreibt, sondern zudem auch noch die Margen verdirbt.
Die Branchen-Auguren glauben am IT-Himmel immer mehr Anzeichen dafür zu entdecken, dass sich Microsoft auf einen großen Coup vorbereitet. Dazu gehören die geheimnisvollen Verzögerungen von Großprojekten wie dem Datenbanksystem Yukon und dem Longhorn-Betriebssystem, aber auch die Betonung von Dotnet als gemeinsame Plattform aller Entwicklungen. Das gütliche Beilegen jahrzehntelanger Rechtsstreitigkeiten wirkt so, als wolle sich das Management den Rücken für etwas Neues freihalten. Gleichzeitig berichten Insider von immer längeren Sitzungen des Topmanagements. Aber vielleicht täuschen sich alle und es wird nicht der große Coup vorbereitet, sondern lediglich auf höchstem Niveau gejammert: Gibt es denn nirgendwo auf diesem Planeten ein Geschäft, das ähnlich einträglich sein kann wie das mit MS-Office? Wohin nur mit den Milliarden? Das sind Sinnfragen, um den der Weltkonzern Microsoft nur beneidet werden kann.
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