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Nach Missbrauchsvorwürfen: Jacob Appelbaum verlässt Tor-Projekt und dementiert Vorwürfe

Der Internetaktivist und Sicherheitsforscher Jacob Appelbaum hat bereits Ende Mai das Tor Project verlassen. Das bestätigte Shari Steele, Executive Director des Tor Project, in der vergangenen Woche in einem sehr kurz gehaltenen Blogeintrag. Zwei Tage später äußerte sie jedoch detailliert zu den Gründen für Appelbaums Rückzug. Demnach wird dem 33-Jährigen sexueller Missbrauch vorgeworfen.

„Diese Art von Anschuldigungen waren allen beim Tor Project nicht vollkommen neu“, schreibt Steele, die auch der Bürgerrechtsorganisation Electronic Frontier Foundation angehört. „Sie entsprachen Gerüchten, die manche von uns schon seit einiger Zeit hören. Die jüngsten Vorwürfe waren jedoch deutlich ernster und konkreter als alles, was wir früher gehört haben. Diese Berichte haben uns sehr beunruhigt.“

Es sei allerdings nicht klar, was genau passiert sei, so Steele weiter. Bisher lägen noch nicht alle Fakten vor. Es seien aber Gespräche mit den Klägern geführt worden und nach umfangreichen internen Beratungen und Diskussionen sei Appelbaum schließlich zurückgetreten.

Inzwischen hat das Tor Project eine auf Arbeitsrecht spezialisierte Anwaltskanzlei eingeschaltet. Die Ermittlungen dauerten aber noch an. „Wir wissen noch nicht, wohin diese Untersuchungen führen und ob andere am Tor Project beteiligte Personen verwickelt sind. Wir werden so schnell wie möglich handeln“, ergänzte Steele.

Personen, die möglicherweise Opfer eine Straftat wurden, rät Steele, sich an die Strafverfolgungsbehörden zu wenden. Sie wisse, dass einige Mitglieder der Community für ein freies Internet den Behörden mit Misstrauen begegneten. „Wir ermutigen diese Leute, sich von Personen beraten zu lassen, denen sie vertrauen, und das zu tun, was sie für das Beste halten.“

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Die Tor-Mitarbeiterin Andrea Shepard spricht in einem Tweet sogar offen von Vergewaltigung, wie TechCrunch berichtet. „Es scheint, als sei ein Vergewaltiger ein Vergewaltiger zu viel.“ Alison Macrina, Gründerin des Library Freedom Project, das Bibliotheken zum Thema Privatsphäre berät und das Tor Project unterstützt, will sogar mit mehreren Opfern von Appelbaum gesprochen haben. „Ich bin mir sehr sicher, dass das Ganze gerade erst ins Rollen gebracht wurde.“

Appelbaum selbst hat sich bisher nicht zu den Vorwürfen geäußert. 2012 verwies er in einem Tweet im Zusammenhang mit ähnlichen Anschuldigungen, die auch gegen den Wikileaks-Gründer Julian Assange erhoben werden, auf den Rechtsgrundsatz der Unschuldsvermutung. „An diejenigen, die mir vorwerfen, ich würde Vergewaltigungen gutheißen, weil ich den Beschuldigten unterstütze: Ich entschuldige nichts, beschuldigt werden ist nicht schuldig sein.“

[UPDATE 19.47 Uhr]

Jacob Appelbaum hat die gegen ihn gerichteten Vorwürfe scharf zurückgewiesen. In einem Blog-Beitrag spricht er von einem gezielten und bösartigen Angriff. Sogar eine Morddrohung will er erhalten haben. „Um es klar zu sagen: Die Anschuldigungen von kriminellen sexuellen Fehlverhaltens gegen mich sind komplett falsch“.

Die Art und Weise, wie diese Vorwürfe behandelt worden seien, habe ihm kaum eine andere Wahl gelassen, als sich aus dem Tor-Projekt zu verabschieden, um es nicht zu gefährden. Jetzt konzentriert sich Applebaum eigenen Angaben zufolge auf seine Doktorarbeit über Kryptographie an der technischen Universität Eindhoven. Sollte es notwendig sein, werde er sich juristisch gegen „die verleumderischen Anschuldigen“ zur Wehr setzen.

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Stefan Beiersmann

Stefan unterstützt seit 2006 als Freier Mitarbeiter die ZDNet-Redaktion. Wenn andere noch schlafen, sichtet er bereits die Nachrichtenlage, sodass die ersten News des Tages meistens von ihm stammen.

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