US-Abgeordnetenhaus stimmt für umfassende Geheimdienstreform

Das US House of Representatives hat mit 338 zu 88 Stimmen ein USA Freedom Act genanntes Gesetz verabschiedet, das die Massenüberwachung von US-Bürgern durch den Auslandsgeheimdienst National Security Agency (NSA) beenden soll. Das Gesetz wird als Sieg für Datenschützer und Bürgerrechtler angesehen. Laut US-Regierung, die die Geheimdienstreform unterstützt, schützt es die Privatsphäre und bewahrt gleichzeitig die nationale Sicherheit.

Bevor das Gesetz in Kraft treten kann, muss es allerdings noch den US-Senat passieren. Auch dort finden sich in den Reihen beider großen Parteien Gegner und Befürworter des USA Freedom Act.

Von der Geheimdienstreform werden allerdings nur US-Amerikaner profitieren. Für Bürger anderer Länder soll weiterhin der nach den Terroranschlägen vom 11. September 2001 eingeführte USA Patriot Act gelten, der in seiner jetzigen Form jedoch am 1. Juni abläuft. Der Freedom Act ersetzt vor allem den umstrittenen Absatz 215 des Patriot Act durch ein zielgerichtetes Programm, das es Geheimdiensten weiterhin erlaubt, Daten von Einzelpersonen oder auch Personengruppen zu sammeln – allerdings nur nach einer Genehmigung durch das Geheimgericht Foreign Intelligence Surveillance Court (FISC).

Die massenhafte Datensammlung durch die US-Geheimdienste begann schon im Jahr 2001. Das Geheimgericht FISA ist erst seit 2006 für die Kontrolle zuständig. Zudem wurden die Abhörprogramme mehrfach durch die Regierungen Bush und Obama überarbeitet.

„Die heute Abstimmung ist ein wichtiger Sieg für eine Geheimdienstreform und ein großer Rüffel für diejenigen, die den Patriot Act ohne Änderung verlängern wollen“, sagte Nuala O’Connor, Präsidentin des Center for Democracy & Technology. „Das Gesetz schränkt die massenhafte Datensammlung nach dem Patriot Act erheblich ein und führt uns auf einen Weg hin zu einem sichereren Internet“, ergänzte Chris Riley, Head of Public Policy bei Mozilla.

Erst in der vergangenen Woche hatte ein amerikanisches Berufungsgericht einer Klage der American Civil Liberties Union (ACLU) stattgegeben und die Massenspeicherung von Telefondaten durch die NSA als illegal eingestuft. Das Programm sei nicht durch den Patriot Act gedeckt. Es überschreite auch den Spielraum, den der Kongress 2001 mit der Verabschiedung des Gesetzes eingeräumt habe.

Andere Länder weiten indes derzeit ihre Spionageprogramme aus. Der französische Senat will noch in diesem Monat über ein Gesetz abstimmen, das es Behörden ermöglicht, ohne richterlichen Beschluss digitale und mobile Kommunikation von Terrorverdächtigen abzuhören. Internet Service Provider und Telefonanbieter müssten die Daten dann auf direkte Nachfrage der Behörden bereitstellen. Strafverfolger hätten zudem das Recht, auch in Privatwohnungen Kameras und Abhörgeräte zu platzieren und sogar auf Computern Keylogger zu installieren.

Die australische Regierung will künftig die Telekommunikationsdaten aller Bürger des Landes für zwei Jahre speichern. Strafverfolgungsbehörden sollen ebenfalls ohne Kontrolle durch ein Gericht jederzeit auf die Daten zugreifen können.

[mit Material von Chris Duckett, ZDNet.com]

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Stefan Beiersmann

Stefan unterstützt seit 2006 als Freier Mitarbeiter die ZDNet-Redaktion. Wenn andere noch schlafen, sichtet er bereits die Nachrichtenlage, sodass die ersten News des Tages meistens von ihm stammen.

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