US-Justizministerium legt Berufung gegen kritisches NSA-Urteil ein

Das US-Justizministerium hat Berufung gegen das Urteil des US-Bundesbezirksrichters Richard Leon eingelegt, der die Sammlung und Auswertung der Telefon-Metadaten von US-Bürgern durch den Auslandsgeheimdienst NSA als wahrscheinlich verfassungswidrig einstufte. Das Ministerium reichte eine Revisionsschrift ein und will die Begründung später nachreichen.

NSA-Zentrale in Fort Meade, Maryland, USA (Bild: nsa.gov)

Richter Leon hatte in seinem am 16. Dezember ergangenen Urteil moniert, dass die Regierung eine begründete Erwartung auf Privatsphäre verletze, indem sie ohne konkreten Verdacht eines Fehlverhaltens die Telefon-Metadaten der Bürger sammelt und für fünf Jahre speichert, um sie ohne eine fallweise gerichtliche Entscheidung abzufragen und zu analysieren. Es sei außerdem in keinem Fall nachgewiesen, dass durch die Überwachung Terroranschläge verhindert wurden. Leon erließ einstweilige Verfügungen gegen die NSA und die US-Regierung, setzte sie aber vorläufig aus, um eine Beschwerde gegen das Urteil zu ermöglichen.

Ein anderes Gericht wies Ende Dezember eine Klage von Datenschützern gegen die Massenspeicherung durch die NSA ab. US-Bundesbezirksrichter William Pauley befand, die Sammlung durch den Auslandsgeheimdienst sei legal und ein „wichtiges Werkzeug“. DIE NSA benötige das Überwachungsprogramm dringend, um terroristische Angriffe zu entdecken und zu verhindern. Die American Civil Liberties Union (ACLU), die die Klage eingereicht hatte, will gegen diese Entscheidung ebenfalls in Berufung gehen. Aufgrund der gegensätzlichen Rechtsauffassungen ist eine letztinstanzliche Entscheidung durch den Supreme Court zu erwarten.

Trotz der offenen juristischen Fragen und parlamentarischen Aktivitäten erneuerte der Foreign Intelligence Surveillance Court (FISC) seine Genehmigung für das Telefon-Überwachungsprogramm der NSA routinemäßig um weitere 90 Tage. Ein Bundesberufungsgericht erlaubte der Regierung Obama außerdem die weitere Geheimhaltung eines Memos des US-Justizministerium, das offenbar rechtliche Schlupflöcher öffnete, damit sich auch FBI und CIA die Kundendaten der Telekomfirmen ohne eine gerichtliche Anordnung aushändigen lassen können. Das Justizministerium erklärte gegenüber dem Gericht, das Memo enthalte als geheim eingestufte Informationen, die „sehr konkret und nur wenigen Personen bekannt sind“ und eine geheime Technik der Informationsgewinnung beschreiben, die sich gegen „feindliche Objekte“ richte.

Damit bleiben Rechtsinterpretationen durch das Büro des Rechtsberaters im US-Justizministerium weiterhin geheim. Sie haben dennoch eine bindende Wirkung, wenn sie etwas als zulässig erklären – wenn Behördenmitarbeiter diesem Rat folgen, genießen sie praktisch Immunität vor strafrechtlicher Verfolgung. In die Kritik kam das Büro schon durch seine Befürwortung geheimer Rechtstheorien zu Zeiten der Bush-Regierung, die Abhöraktionen ohne richterliche Vollmacht und brutale Verhörmethoden bei Gefangenen zuließen.

[mit Material von Carrie Mihalcik, News.com]

ZDNet.de Redaktion

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