Abhörprogramme: NSA räumt vorsätzliche Regelverstöße ein

Der US-Auslandsgeheimdienst National Security Agency hat erstmals bestätigt, dass seine Analysten absichtlich auch US-Bürger abgehört und damit vorsätzlich gegen rechtliche Beschränkungen verstoßen haben. Bisher hatte die NSA stets behauptet, nur versehentlich rein inländische Kommunikation mitgeschnitten zu haben.

„In den vergangenen zehn Jahren haben wir sehr wenige Fällen festgestellt, in denen die Befugnisse der NSA überschritten wurden“, teilte der Geheimdienst mit. Es handle sich jedoch nicht um Verstöße gegen die US-Gesetze Foreign Intelligence Surveillance Act (FISA) und Patriot Act.

Im genannten Zeitraum habe man im Schnitt pro Jahr einen Fall dokumentiert, in dem NSA-Analysten absichtlich ihre Grenzen überschritten hätten, zitierte ein NSA-Sprecher aus einem Bericht des Generalinspekteurs. Die Verstöße seien zudem nicht schwerwiegend und beträfen die 1981 erlassene Executive Order 12.333, die die Aufgaben der US-Geheimdienste regle. Ein anderer Sprecher teilte Bloomberg mit, dass übereifrige Beamte für die Übertretungen verantwortlich seien. Sie hätten nach dem 11. September 2001 versucht, weitere Terroranschläge zu verhindern.

Die Electronic Frontier Foundation (EFF) wirft der US-Regierung nun vor, sie halte Informationen zurück. „Am 9. August schloss der Präsident einen Missbrauch der Befugnisse der NSA kategorisch aus“, sagte EFF-Anwalt Nate Cardozo. „Am 15. August haben wir dann erfahren, dass die NSA tatsächlich tausendfach ihre eigenen Datenschutzregeln verletzt hat. Am 16. August präzisierte die Vorsitzende des Geheimdienstausschusses die Aussage des Präsidenten und erklärte, die NSA haben niemals vorsätzlich ihre Befugnisse überschritten. Der heutige Bericht deutet darauf hin, dass weder der Präsident noch Senatorin Feinstein der Öffentlichkeit die volle Wahrheit gesagt haben. Die NSA überschreitet nicht nur ihre Befugnisse, die Verstöße geschehen auch noch absichtlich.“

Bloomberg weist in seinem Bericht noch auf weitere Aussagen hochrangiger Regierungsvertreter hin, die vorsätzliche Verstöße bisher stets verneint hätten. Dazu zählen NSA-Direktor Keith Alexander und der republikanische Abgeordnete Mike Rogers. Feinsteins Mitarbeiter hätten jedoch erklärt, dass sich die Senatorin bei ihrer Aussage nur auf den Foreign Intelligence Surveillance Act bezogen habe. Auch Rogers habe nur von „absichtlichen und vorsätzlichen Gesetzesverstößen“ gesprochen. Eine Executive Order ist nach US-Recht jedoch kein Gesetz, sondern ein Dekret, das Bestimmungen für Verwaltungsbeamte enthält.

Die NSA selbst bezeichnete in ihrer Erklärung jegliche Verstöße als inakzeptabel. „Die NSA nimmt Vorwürfe zu Fehlverhalten sehr ernst und unterstützt jegliche Untersuchungen in vollem Umfang.“ Bei vorsätzlichen Verstößen gegen Auflagen gebe es eine Null-Toleranz-Grenze.

[mit Material von Edward Moyer, News.com]

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Stefan Beiersmann

Stefan unterstützt seit 2006 als Freier Mitarbeiter die ZDNet-Redaktion. Wenn andere noch schlafen, sichtet er bereits die Nachrichtenlage, sodass die ersten News des Tages meistens von ihm stammen.

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