Bundesnetzagentur erlaubt Telekom Netzaufrüstung mit VDSL Vectoring

Die Deutsche Telekom darf ihr Netz in Gebieten, in denen auch Kabel und Glasfaser verfügbar sind, mit der VDSL-Übertragungstechnik Vectoring aufrüsten. Das hat die Bundesnetzagentur jetzt entschieden. Auch Wettbewerber sollen die neue Technik nutzen können, die Störungen entgegenwirkt und so für höhere Datenraten sorgt. Bundesnetzagentur-Präsident Jochen Homann erklärte, dass Vectoring für alle Marktakteure möglich sei und so den Breitbandausbau im Wettbewerb vorantreibe.

Der heute vorgelegte Entscheidungsentwurf für die Einführung von Vectoring im Netz der Deutschen Telekom sieht vor, dass der Bonner Konzern seinen Wettbewerbern den Zugang zur Teilnehmeranschlussleitung (TAL) – der sogenannten letzten Meile – an bisher nicht erschlossenen Kabelverzweigern (KVz) grundsätzlich weiterhin genehmigen muss. Damit kann jeder Anbieter auch in Zukunft die grauen Verteilerkästen am Straßenrand mit VDSL erschließen.

Allerdings darf die Telekom den Zugang zur KVz-TAL unter bestimmten Bedingungen verweigern, damit sie selbst oder ein anderes Unternehmen dort Vectoring einsetzen kann. Voraussetzung dafür ist, dass es in dem Gebiet ein zweites Festnetz gibt, die Telekom mehr KVz-TAL erschlossen hat als ein Wettbewerber und als Ersatz für den Zugang dort ein angemessenes Bitstromprodukt anbietet. In Gebieten ohne zweite Festnetzinfrastruktur darf die Telekom dagegen einem Wettbewerber den Zugang zum Verteilerkasten für VDSL nicht verweigern, wenn dieser ihn als Erster für Breitbandtechnik erschlossen hat, er seinerseits Vectoring einsetzt und im Rahmen eines offenen Netzzugangs („Open Access“) ebenfalls ein angemessenes Bitstromprodukt anbietet.

Für Verteilerkästen, die Wettbewerber bereits an ihr eigenes Netz angebunden haben, ändert sich laut Bundesnetzagentur vorerst nichts. Hier können die Unternehmen von der Telekom angemietete KVz-TAL weiter für VDSL-Anschlüsse betreiben und dort auch künftig weitere Leitungen für VDSL schalten lassen. Allerdings müssen Wettbewerber an solchen Kabelverzweigern ab 2017 selbst Vectoring einsetzen und ein Bitstromprodukt anbieten, wenn die Telekom das von ihnen verlangt.

Der Bonner Konzern hatte Ende 2012 bei der Bundesnetzagentur beantragt, die Zugangsmöglichkeiten für Wettbewerber zur TAL an den Kabelverzweigern einzuschränken, um Vectoring in seinem Netz einsetzen zu können. Denn nach aktuellem Stand setzt die Technik den Zugriff auf alle Kupfer-Doppeladern am KVz durch einen Anbieter voraus. Ein entbündelter Zugriff, also eine Aufteilung der Leitung auf mehrere Anbieter, ist beim Einsatz von VDSL Vectoring damit nicht mehr möglich.

„Es handelt sich um eine sehr komplexe Entscheidung beim Thema Vectoring. Die Bundesnetzagentur hat sich in ihrem Entwurf große Mühe gegeben, Regelungen zu schaffen, die sowohl für die Deutsche Telekom als auch für die Wettbewerber die Möglichkeiten offen halten, in den Breitbandausbau zu investieren“, kommentierte Jürgen Grützner, Geschäftsführer des VATM (Verband der Anbieter von Telekommunikations- und Mehrwertdiensten e.V.). Kritisch sehe man allerdings, dass nicht klar sei, welche Sanktionen es geben solle, wenn die Telekom eine Vectoring-Aufrüstung in einem Gebiet ankündige, dadurch den Ausbau durch einen anderen Anbieter verhindere, dann aber den Ausbau unterlasse. „Am Schluss darf der Bürger nicht der Dumme sein. Daher brauchen wir hier klare Regeln“, fordert Grützner.

Auch fehlten leider noch hochwertige Bitstrom-Vorproduktangebote am Hauptverteiler, die der Leistungsfähigkeit von VDSL mit Vectoring entsprechen und eine Angebotsvielfalt für den Kunden garantieren, so der VATM-Geschäftsführer weiter. „Dies wird für den Wettbewerb und die Verbraucherinnen und Verbraucher aber zukünftig von elementarer Bedeutung sein. Die Bundesnetzagentur muss daher schnell die getroffenen Verabredungen zu einem solchen Vorprodukt umsetzen und ein entsprechendes Regulierungsverfahren zügig durchführen.“

Der Bundesverband Breitbandkommunikation (Breko) sieht in der Entscheidung der Bundesnetzagentur eine ungerechte Bevorzugung der Telekom. Sie werde von der uneingeschränkten Entbündelungsverpflichtung an Kabelverzweigern befreit und erhalte einen Freibrief für Breitband. Damit werde der Breitbandausbau der Wettbewerber massiv erschwert.

„Es ist nicht nachzuvollziehen, wie die Regulierungsbehörde den Anträgen der Telekom in weiten Teilen folgen konnte. Zumal es doch ganz offensichtlich ist, dass die Telekom darauf abzielt, hauptsächlich in den Ballungsgebieten ihre Marktstellung gegenüber den Kabelnetzbetreibern zu verbessern und den Wettbewerb im ländlichen Raum auszubremsen. Um den flächendeckenden Breitbandausbau geht es der Telekom doch gar nicht“, sagte Breko-Präsident Ralf Kleint. „Damit ist auch die jüngste Entscheidung der Bundesnetzagentur zur Preisreduzierung für die KVz-TAL deutlich entwertet.“

Die betroffenen Parteien können bis zum 10. Mai 2013 schriftlich zu dem Entscheidungsentwurf Stellung nehmen. Am 24. April findet zudem eine öffentliche mündliche Anhörung in Bonn statt. Anschließend wird der Entwurf der EU-Kommission und den nationalen Regulierungsbehörden der übrigen EU-Mitgliedsstaaten vorgelegt, die sich innerhalb eines Monats dazu äußern können. Hat die EU-Kommission keine ernsthaften Bedenken, kann die Entscheidung anschließend endgültig in Kraft treten.

ZDNet.de Redaktion

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