Mörder muss Namensnennung in ausländischer Onlineberichterstattung dulden

Der Bundesgerichtshof hat die Klage eines wegen Mordes rechtskräftig Verurteilten zurückgewiesen, der die Berichterstattung über eine von ihm angestrengte Verfassungsbeschwerde mit der Nennung seines vollen Namens auf einer österreichischen Website untersagen lassen wolllte. Damit ist ein weiteres, aber möglicherweise noch nicht das letzte Verfahren in einer Reihe von Klagen abgeschlossen.

Eine der beiden 1993 als Mörder des Schauspielers Walter Sedlmayr verurteilten Personen hatte gegen die Nennung ihres Namens im Internet geklagt. Der Bundesgerichtshof hatte diese Klage im November 2009 dem Europäischen Gerichtshof in Luxemburg vorgelegt. Dieser sollte feststellen, ob deutsche Gerichte überhaupt zuständig sind, da das verklagte Unternehmen seinen Sitz in Österreich hat.

Der Kläger wurde im Januar 2008 auf Bewährung aus der Haft entlassen. Das in Österreich ansässige Medienunternehmen hielt auf seiner Internetseite bis zum 18. Juni 2007 eine Meldung über ihn zum Abruf durch die Öffentlichkeit bereit. Darin wurde unter Nennung der Vor- und Zunamen des Klägers und seines Bruders berichtet, dass diese sich mit einer Verfassungsbeschwerde gegen ihre Verurteilung wendeten.

Die Klage hatte vor dem Landgericht und dem Oberlandesgericht Hamburg zunächst Erfolg. Der VI. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat sie dann dem Gerichtshof der Europäischen Gemeinschaften zur Klärung vorgelegt. Es ging dabei um die Frage, unter welchen Voraussetzungen Gerichte für Unterlassungsklagen gegen Internetveröffentlichungen eines in einem anderen EU-Mitgliedstaat sitzenden Anbieters zuständig sind. Außerdem sollte das EU-Gericht klären, ob sich der geltend gemachte Unterlassungsanspruch nach deutschem Recht oder gemäß dem Herkunftslandprinzip der E-Commerce-Richtlinie der EU nach österreichischem Recht richtet.

Aufgrund der Entscheidung des Gerichtshofs vom 25. Oktober 2011 hat der Bundesgerichtshof nun die internationale Zuständigkeit der deutschen Gerichte bejaht. Er begründete das damit, dass sich der Mittelpunkt der Interessen des Klägers in Deutschland befinde. Das Gericht hat darüber hinaus entschieden, dass der geltend gemachte Anspruch nach deutschem Recht zu beurteilen ist. Schließlich wirke sich die Berichterstatung des in Deutschland wohnhaften Klägers auf sein Lebensfeld hierzulande aus.

Die jeweils im Einzelfall vorzunehmende Abwägung des Rechts auf Schutz von Persönlichkeit und Achtung des Privatlebens mit dem Recht auf Meinungs- und Medienfreiheit führte wie in Parallelverfahren aus den Jahren 2009 und 2010 dazu, dass die Karlsruher Richter dem Recht auf freie Meinungsäußerung den Vorrang einräumten. Der Senat hat die Klage deshalb abgewiesen.

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ZDNet.de Redaktion

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