Komplexe Jury-Fragen: Urteil im Java-Prozess scheint noch fern

Der Java-Prozess zwischen Oracle und Google wird sich voraussichtlich noch einige Zeit hinziehen. Immer mehr Nachfragen der Jury lassen keine schnelle Entscheidung erwarten. Die Anzeichen sprechen sogar zunehmend dafür, dass die Geschworenen nicht die vom Gericht verlangte einstimmige Entscheidung treffen können.

Die Jury berät bereits seit Montag und bittet immer wieder um detaillierte Erläuterungen zu den Fragen, die sie beantworten muss. Richter William Alsup hatte ihnen schriftliche Anweisungen mit einem Umfang von 21 Seiten zukommen lassen und darin zum Schluss vier Fragen formuliert. Die Nachfrage eines Geschworenen betraf die dritte davon: „Hat Oracle bewiesen, dass Googles eingeräumte Nutzung des Folgenden einen Verstoß darstellt, wobei es nur darum geht, ob diese Nutzung ‚de minimis‘ war?“

Bei dieser und weiteren Fragen der Geschworenen vertieften sich die Anwälte der Streitparteien erneut in haarspalterische Diskussionen, wie der Richter seine Antworten formulieren sollte. Sie stritten sich insbesondere darüber, wie das „allgemeine Publikum“ zu definieren sei, aus dessen Sicht die Jury beurteilen soll, was als Kopie zu betrachten ist und was nicht. Oracles Anwalt Michael Jacobs wollte es als einen Beobachter definiert wissen, der mit dem Themenbereich vertraut ist. Googles Anwälte argumentierten hingegen, damit müsse praktisch jeder gemeint sein.

Zur Debatte standen außerdem zusätzliche Berechnungen über die mit Android erzielten Einnahmen, die Oracle für den Fall präsentieren will, dass ein möglicher Schadenersatz zu bestimmen ist. Oracle bezweifelt angeblich mit Android verbundene Verluste und hält angesetzte Entwicklungskosten für zu hoch. Richter Alsup entschied, Google müsse detailliertere Berichte bis Montag nachreichen.

Weitere Nachfragen der Geschworenen betrafen den Umfang der erlaubten freien Nutzung („fair use“) sowie die umgestaltende Nutzung („transformative use“). Sie beziehen sich offenbar auf die 37 Java-APIs, deren Urheberrecht Oracle verletzt sieht, während Google davon ausgeht, dass Programmierschnittstellen nicht unter Copyright-Schutz stehen.

Am späten Nachmittag kehrte die Jury mit einer weiteren Frage zurück, die den Stand der Beratungen verrät. „Was geschieht, wenn wir keine einmütige Entscheidung finden können und sich keiner bewegt?“ Das schien selbst die Anwälte und den Richter leicht ratlos zu machen. Richter Alsup deutete schließlich an, das Verfahren könnte in die zweite Prozessphase gehen, wenn die Geschworenen wenigstens bei einigen Fragen übereinstimmten und eine teilweise Entscheidung treffen könnten. Googles Anwalt Robert Van Nest sprach sich dagegen aus und meinte, es wäre „fatal“ für den Prozess.

Die angespannte Atmosphäre in der Jury war schon unübersehbar, als die sieben Frauen und fünf Männer den Gerichtssaal betraten. Richter Alsup merkte an, die Jury scheine wirklich hart zu arbeiten. Einer der Geschworenen seufzte laut auf.

[mit Material von Rachel King, News.com]

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ZDNet.de Redaktion

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