HTTPS-Suche: Google schreckt die SEO-Gurus wieder einmal auf

Google hat beschlossen, seine Suchangebote für alle angemeldeten Nutzer auf HTTPS umzustellen. Anwender, die nicht eingeloggt sind oder kein Google-Konto haben, können die per SSL verschlüsselte Datenübertragung direkt über „https://www.google.com“ aufrufen. Der Klick auf einen Suchtreffer beendet die verschlüsselte Datenverbindung – außer, der Link führt auf eine HTTPS-Website.

Die Verschlüsselung der Kommunikation zwischen Nutzer und Googles Suchmaschinen-Servern soll davor schützen, dass Dritte den Datenverkehr beispielsweise über ein ungesichertes WLAN abhören. Außerdem argumentiert Google, dass man die Privatsphäre der Nutzer besser wahre, indem verhindert werde, dass die aufgerufene Website erfährt, nach was der Nutzer ursprünglich gesucht hat.

Für die SEO-Branche bedeutet das potenziell einen erheblichen Verlust an Daten über verwendete Keywords, da man nicht mehr feststellen kann, welchen Suchbegriff ein Nutzer, der über eine verschlüsselte Suche auf die Site aufmerksam geworden ist, ursprünglich eingegeben hat. Oder anders gesagt: Es ist durch den Schritt möglicherweise ein gutes Stück schwieriger geworden, die Konversionsrate und die Performance von Keywords für die eigene Site zu ermitteln. „Möglicherweise“, weil dazu noch keine Details bekannt sind.

Ein fader Beigeschmack

Für Surfer ist die Neuerung insoweit gut, als sie sich damit ein bisschen weniger gläsern fühlen können. Viele Suchoptimierer schreien aber auf, weil die Daten über die verschlüsselten Suchanfragen Kunden von Google AdWords nach wie vor zur Verfügung stehen. Allein dieser Aspekt gibt den ganzen Google-Begründungen zu „mehr Privatsphäre“ und „mehr Transparenz“ einen faden Beigeschmack. Schließlich liefert eine verschlüsselte Suche die Informationen über die Anfragen nur noch Googles Werbekunden. Von einer unverschlüsselten Suche profitieren dagegen Googles Werbekunden und jede Site, die im Zuge der Recherche besucht wird.

Googles Bemühungen, die Privatsphäre seiner Nutzer zu schützen, werden häufig als mangelhaft kritisiert – oft auch zu Recht. Dahinter stehen sicher weniger böse Machenschaften als vielmehr reines Gewinnstreben. Daran hat auch die HTTPS-Suche nichts geändert. Überraschend ist es auch nicht, dass Google Daten über Suchvorgänge zurückhält und nur noch Kunden zur Verfügung stellt. Das nicht zu tun, würde dem ureigensten Geschäftsmodell des Unternehmens widersprechen.

Dass die SEO-Branche dadurch aufgeschreckt wird, ist jedoch verständlich. Allerdings malt sie ohnehin bei jeder größeren Änderung, die Google vornimmt, den Teufel an die Wand. Diesmal wird möglicherweise tatsächlich der sichere Boden, auf dem sich viele SEO-Spezialisten wähnten, und vielleicht sogar das gesamte Gedankengebäude der „Optimierung der Konversionsrate“ ins Wanken gebracht. Gewissheit hat man aber erst in drei bis sechs Monaten. Und dann stellen sich die aktuellen Befürchtungen vielleicht als ebenso übertrieben heraus, wie bei der Einführung von Instant Pages oder dem Panda-Update.

Man sollte sich also erst einmal zurücklehnen, die Nerven behalten und gründlich prüfen, wie die eigenen Angebote und Kunden davon tatsächlich betroffen sind. Jeder halbwegs seriöse SEO-Anbieter bietet heutzutage genügend Transparenz und kommuniziert in einem angemessen Umfang, um seinen Kunden erklären zu können, was bei Google vorgeht. Aber vielleicht muss er das diesmal gar nicht tun: Schließlich hat Google die Änderung gerade erst angekündigt. Und wenn sich etwas grundlegend ändert, dann ist es ja nicht das erste Mal – und ganz sicher auch nicht das letzte. Reagieren statt hyperventilieren ist die Devise.

Kunden sollten sich vielleicht vor denen besonders vorsehen, die bei jeder Änderung am lautesten auf sich aufmerksam machen. Seinen Kunden Existenzangst einzujagen, sie zu verunsichern und dann völlig unerprobte Geheim- und Wunderrezepte aus dem Hut zu zaubern, hat schon auf dem mittelalterlichen Marktplatz mit Schutzsalben, Wasser aus heiligen Quellen oder Tränken aus geheimen Kräutermischungen funktioniert. Es funktioniert offenbar auch noch auf dem neuen, globalen Marktplatz. Seriös ist es deshalb noch lange nicht.

ZDNet.de Redaktion

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