BKA: Internet-Kriminalität verursacht 2010 eine Schädenshöhe von 61,5 Millionen Euro

Mit der Nutzung des Internets nimmt auch die Online-Kriminalität zu: Die Zahl der Betroffenen ist 2010 deutlich gestiegen, ebenso die Schadenshöhe. Das zeigen der Bericht „Cybercrime Bundeslagebild 2010“ (PDF) des Bundeskriminalamts (BKA) sowie eine aktuelle Umfrage (PDF) des Bitkom, die beide heute in Berlin vorgestellt worden sind.

„Durch die Technisierung der Gesellschaft und die weitverbreitete Nutzung moderner Medien und Kommunikationsformen haben diese neuen Medien auch Einzug in klassische Kriminalitätsformen gehalten, vor allem im Betrugsbereich“, sagte BKA-Präsident Jörg Ziercke. „Im Zielspektrum der Cybergruppierungen steht die vollständige Identität der Internetnutzer, die die Täter bedarfsangepasst und flexibel für ihre kriminellen ‚Geschäftsmodelle‘ missbrauchen.“


Der von Internet-Betrügern verursachte Schaden hat sich seit 2007 nahezu verdoppelt (Bild: BKA).

Die Zahl der in der Polizeiliche Kriminalstatistik (PKS) erfassten Cybercrime-Fälle ist im vergangenen Jahr um 19 Prozent auf fast 60.000 gestiegen. Cybercrime umfasst Straftaten, die mit moderner Informations- und Kommunikationstechnik oder gegen diese begangen werden. Bei fast der Hälfte (rund 27.000) dieser Fälle handelte es sich um Computerbetrügereien, etwa das Phishing von Onlinebanking-Daten oder den missbräuchlichen Einsatz von Kreditkartendaten.

Der registrierte Schaden aller Cybercrime-Delikte ist um zwei Drittel auf insgesamt rund 61,5 Millionen Euro (2009: fast 37 Millionen) gewachsen. Besonders stark zugenommen hat Phishing im Zusammenhang mit Online-Banking. 2010 wurden dem BKA etwa 5300 Fälle gemeldet, 82 Prozent mehr als im Jahr zuvor. Die durchschnittliche Schadenssumme betrug rund 4000 Euro pro Fall. „Verschiedene Trojaner sind speziell auf den deutschen Bankenmarkt ausgerichtet und verfügen über das technische Potenzial, das iTAN-Verfahren erfolgreich auszuhebeln“, erklärte BKA-Präsident Ziercke.

Zur Durchführung ihrer kriminellen Aktivitäten bedienen sich die Täter zunehmend Botnetze. Ende 2010 wurde eine Schadsoftware festgestellt, die in diesem Zusammenhang gezielt Smartphones attackiert. Ziercke: „Die Täter folgen dem Nutzungsverhalten der Anwender. Mobile Endgeräte werden infiziert, um parallel zum PC auch an die Daten möglicher SMS-basierter Authentifizierungsverfahren zu gelangen, etwa für Online-Banking oder E-Commerce per Kreditkarte.“

Zugenommen haben laut Lagebericht auch verschiedene Formen der digitalen Erpressung. Hier fordern Täter eine Art Lösegeld dafür, dass sie beispielsweise gestohlene Daten nicht weitergeben oder Angriffe auf die Unternehmenswebsite unterlassen.


Die Zahl der Cybercrime-Fälle hat sich 2010 gegenüber dem Vorjahr um fast ein Fünftel erhöht (Bild: BKA).

Ziercke warnte vor der Anpassungs- und Innovationsfähigkeit von Cyber-Kriminellen: „Internet-Betrüger arbeiten zumeist auf internationaler Ebene arbeitsteilig zusammen. Sie begehen nicht nur selbst die Straftaten, sondern bieten auch Schadprogramme oder komplette kriminelle Infrastrukturen in den Foren der Underground Economy global zum Kauf oder zur Miete an.“ Dabei seien die angebotenen Werkzeuge aufgrund ihrer relativ einfachen Handhabung auch für Täter ohne fundierte IT-Kenntnisse nutzbar.

Unternehmen werden ebenfalls verstärkt Ziel von Online-Betrügern. Nach einer KPMG-Studie verzeichnete über die Hälfte aller Firmen, die 2010 Opfer von Wirtschaftskriminalität wurden, Schäden durch Cybercrime. 2006 lag der Wert noch bei 23 Prozent. Betroffen sind kleine wie große Unternehmen.

Der Bitkom-Umfrage zufolge haben 70 Prozent aller deutschen Internet-Nutzer ab 14 Jahren schon einmal negative Erfahrungen im Web gemacht. Viren und andere Schadprogramme stehen dabei für 47 Prozent der User, also gut 25 Millionen Personen, an erster Stelle. Im Vorjahr waren es noch 43 Prozent. Jeder Siebte fühlte sich von einem Geschäftspartner betrogen, beispielweise bei Online-Auktionen.

Fast verdoppelt hat sich die Zahl der Anwender, deren Zugangsdaten zu Plattformen, Email-Diensten, Auktionshäusern oder Online-Banking ausspioniert wurden. Vor einem Jahr waren es noch rund 3,7 Millionen, nun sind es knapp 7 Millionen. „Der Trend geht zum Ausspähen persönlicher Daten und Passwörter“, sagte der neue Bitkom-Präsident Dieter Kempf, der auch dem Verein „Deutschland sicher im Netz“ vorsteht.

Laut Umfrage hat auch die Angst vor Internet-Kriminalität unter Nutzern stark zugelegt. Fühlten sich 2010 noch 75 Prozent aller Anwender bedroht, sind es inzwischen 85 Prozent. Einen Betrug beim Online-Banking fürchteten im vergangenen Jahr 28 Prozent, nun sind es 37 Prozent. Noch stärker stieg die gefühlte Bedrohung durch das Ausspähen und den Missbrauch persönlicher Daten: 2010 hatten 46 Prozent davor Angst, jetzt 59 Prozent.

Dennoch vernachlässigen viele Internetnutzer ihre Sicherheit. Gemäß der Bitkom-Studie „Datenschutz im Internet“ nutzen erst drei Viertel ein Virenschutzprogramm und 70 Prozent eine Firewall. Jeder Fünfte surft demgegenüber völlig ohne Schutz.

Bitkom und BKA haben gemeinsam ein Informationsblatt (PDF) mit den wichtigsten Empfehlungen zur Vorbeugung herausgegeben. Sie wollen auch in Zukunft bei der Aufklärung der Nutzer eng kooperieren. Ziercke und Kempf kündigten zudem an, den Informationsaustausch zwischen Wirtschaft und Polizei weiter zu intensivieren.

ZDNet.de Redaktion

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