Warten auf den EuGH: zum Stand der Dinge bei Gebrauchtsoftware


Der Bundesgerichtshof konnte sich im Verfahren zwischen Oracle und Usedsoft zu keiner Entscheidung durchringen und befragt den Europäischen Gerichtshof (Bild: Axel Susen).

Der Bundesgerichtshof (BGH) hat heute seine Entscheidung zu dem am 30. September verhandelten Streit zwischen Usedsoft und Oracle bekannt gegeben. Vom Spruch des höchsten deutschen Gerichts erwartete sich der Markt Klärung in den langjährigen Auseinandersetzungen erwartet. Er erhielt sie aber nicht.

Der BGH führt in seiner Pressemitteilung zwar aus, dass nach Art. 5 Abs.1 der Richtlinie 2009/24/EG die Vervielfältigung eines Computerprogramms – solange nichts anderes vereinbart ist – nicht der Zustimmung des Rechtsinhabers bedarf, wenn sie für eine bestimmungsgemäße Benutzung des Computerprogramms durch den rechtmäßigen Erwerber notwendig ist. Es stelle sich aber die Frage, ob und gegebenenfalls unter welchen Voraussetzungen derjenige, der eine gebrauchte Softwarelizenz erworben hat, als rechtmäßiger Erwerber des entsprechenden Computerprogramms anzusehen ist.

Das legen die Beteiligten nun aus, wie es ihnen passt. Für Oracle sind bis zur Entscheidung des EuGH die bisherigen Urteile deutscher Oberlandesgerichte maßgebend. Demnach sei der Handel mit gebrauchten Softwarelizenzen, mit Lizenz-Keys oder mit rechtmäßig selbst hergestellten Sicherungskopien auf Datenträgern rechtswidrig. Dass ist natürlich etwas übertrieben: Der BGH hatte bereits Juli 2000 entschieden, dass Microsoft einem Händler nicht verbieten kann, als OEM-Version gekennzeichnete, unbenutzte, in Folie eingeschweißte Originaldatenträger ohne einen neuen PC weiterzuverkaufen (Aktenzeichen I ZR 244/97).

Firmen wie Usedsoft, Susensoftware, Preo Software und Re-License betonen dagegen auch nach der Vorlage des Falls an den EuGH, dass sich für Händler von gebrauchter Software zuerst einmal nichts ändere: Zwar sei es enttäuschend, dass der Markt keine endgültige Rechtssicherheit bekommen habe, aber die Händler könnten weiter wie bisher agieren.

Die meisten beschäftigen sich ohnehin nicht mit per Download zur Verfügung gestellten Lizenzen. Für alle anderen Formen, etwa OEM-Software oder Masterdatenträger, sind – auch wenn die Hersteller in der Öffentlichkeit gerne einen anderen Anschein erwecken wollen – Prozesse etabliert.

Die auch für Oracle tätige Münchner Kanzlei teclegal weist darauf hin, dass der BGH im Jahr 2000 nicht entschieden habe, ob und wenn ja in welchem Umfang und zu welchen Bedingungen der Käufer dieser Originaldatenträger berechtigt ist, die Software zu installieren und zu nutzen. Das ist natürlich in den meisten Fällen Erbsenzählerei: Wozu sollte er die Datenträger erwerben, wenn er die darauf gespeicherte Software nicht benutzen will? Sicher nicht, um sie als Vogelschreck in seinem Obstbaum zu verwenden.

Schwierig wird es jedoch bei Volumenlizenzverträgen oder besonderen, vergünstigten Lizenzen, die die Hersteller beispielsweise Bildungseinrichtungen überlassen. Da besteht ein verständliches Interesse, dass diese nicht – vielleicht sogar über dem Einkaufspreis – an Unternehmen weiterverkauft werden, die eigentlich nicht in den Genuss der Vergünstigungen kommen würden.

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ZDNet.de Redaktion

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