Darum sind 3,47 Euro Urheberrechtsabgabe pro Rohling zu wenig

Die Zentralstelle für private Überspielungsrechte (ZPÜ) hat jüngst ihre Vorstellungen kundgetan, wie viel Abgaben sie künftig auf CD-, DVD- und Blu-ray-Leermedien verlangen will. Für einen Blu-ray-Rohling sind das immerhin 3,47 Euro. Das halten viele für zu hoch.

Für einen Double-Layer-DVD-Rohling will die ZPÜ 38,6 Cent kassieren. Für eine CD-RW verlangt sie immerhin 19,7 Cent. Ein günstiger CD-RW-Rohling kostet bisher im Handel etwa 11 Cent bei einer Abnahme von zehn Stück Spindelware ohne Jewelcase, also weniger als die verlangte Abgabe.

Man muss sich einmal klarmachen, wofür man diese Abgabe zahlt: Sie ist für Musikstücke und Filme, die man bereits bezahlt hat. Es geht ausschließlich um private Überspielrechte, also typischerweise um die CD-Kopie für das Auto oder für die Zweitanlage im Kinderzimmer. Da liegt der Verdacht nahe, dass damit eine versteckte „Raubkopienausgleichsgebühr“ eingeführt werden soll. Das wird von der ZPÜ natürlich bestritten.

Die Umfrage links zeigt, dass der überwiegende Teil der ZDNet-Leser die Tarife für überzogen hält. Ich bin da ganz anderer Meinung: Die Preise können gar nicht hoch genug sein.

Mit den neuen Abgaben wird der Preis für eine CD-RW von elf auf etwa 28 Cent steigen. Blu-ray-Rohlinge kosten dann statt etwa 3,50 Euro plötzlich 7,00 Euro. Diese Preissteigerung um bis zu 250 Prozent gilt allerdings nur in Deutschland. Was in Zeiten des EU-Binnenmarktes in solchen Fällen passiert, zeigt das Beispiel Frankreich: Dort werden schon seit längerem Urheberrechtsabgaben verlangt, die die Herstellkosten der Rohlinge bei weitem überschreiten.

So darf es nicht verwundern, dass man in europaweiten Preissuchmaschinen besonders viele Rohlinganbieter in Luxemburg findet. Die luxemburgischen Händler sprechen meist perfekt französisch und können ihre versandfertigen Pakete notfalls selbst über die Grenze bringen, sofern das Logistikunternehmen überhaupt einen Auslandszuschlag für Pakete nach Deutschland oder Frankreich erhebt.

Genau dasselbe, was mit dem französischen Markt passiert ist, wird mit dem deutschen auch passieren. Jeder VWL-Student lernt bereits im ersten Semester, dass sich Wirtschaftssubjekte rational verhalten. Das bedeutet, dass „Wirtschaftssubjekte“ nicht 28 Euro für ein 100er Pack CD-Rohlinge zahlen, wenn man es auch für 9,99 Euro zu denselben Liefer-, Versand- und Geschäftsbedingungen in Luxemburg bekommt. Wer schon heute im Ausland kauft, kann sicher sein, dass nichts davon der ZPÜ zufließt.

Je höher der Preis, desto höher ist die Bereitschaft der Kunden, nicht mehr in Deutschland zu kaufen – jedenfalls nicht bei „offiziellen“ Händlern. Kleine Schwarzmarkthändler werden hingegen gestärkt. Neben dem Verkauf von Zigaretten aus Polen und Vodka aus Russland können sie jetzt mit Rohlingen aus Luxemburg ihr Geschäftsfeld erweitern.

Juristisch ist das Problem durchaus interessant: Ein Luxemburger Händler oder Importeur muss natürlich keine Abgaben an die ZPÜ zahlen. Ebenso kann er seine Ware durch die ganze EU schicken wie durch das Inland.

In der Pflicht ist man allerdings als Endkunde. Die Abgaben sind der ZPÜ selbstverständlich zu entrichten, wenn man im Ausland bestellt hat. Strafbar macht man sich allerdings nicht. Es entsteht lediglich ein zivilrechtlicher Anspruch der in der ZPÜ zusammengeschlossenen Verwertungsgesellschaften – und die kriegen von dem Kauf nichts mit.

Auch um Finanzminister Schäuble muss man sich keine Sorgen machen. Er wird sicherlich keine CD mit Daten von Rohling-Abgaben-Hinterziehern kaufen, da das Geld nicht in seinen Säckel fließt.

ZDNet.de Redaktion

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