Nach jahrelanger Duldung fehlender Urhebernennung besteht kein Unterlassungsanspruch

Vor dem Amtsgericht Charlottenburg trafen sich eine Fotografin und der Betreiber einer Website. Die Fotografin hatte bereits vor mehr als zehn Jahren ein Foto der PDS-Politikerin Sahra Wagenknecht angefertigt und dieser zur Nutzung übergeben. Die Politikerin hatte es auf ihrer Website verwendet.

Der Beklagte unterhielt eine Webseite, auf der er das Foto nutzte. Er hatte es von der Homepage von Sahra Wagenknecht heruntergeladen. Einen Hinweis auf die Fotografin als Urheberin des Bildes erfolgte durch den Websitebetreiber nicht.

Die Fotografin forderte daraufhin Unterlassung und begehrte gerichtliche Hilfe. Der Richter des Amtsgerichts Charlottenburg wies die Klage jedoch ab (Aktenzeichen 234 C 1010/09).

Er begründete seine Entscheidung damit, dass das Urheberrecht an der Fotografie durch die Nutzung auf der Website des Beklagten nicht widerrechtlich verletzt sei. Wie sich aus der archivierten Webseite ergebe, habe Wagenknecht das Bild zum Download zur Verfügung gestellt. Hiervon habe die Fotografin Kenntnis gehabt. Dennoch habe sie die Downloads nicht unterbunden und die Nennung ihres Urheberechts nicht eingefordert.

Indem die Klägerin der Bereitstellung des Bildes über einen Zeitraum von über zehn Jahren nicht widersprochen habe und das Foto somit zu einem der meistveröffentlichten Fotos der Politikerin habe werden können, habe sie stillschweigend in die Verbreitung eingewilligt. Dritte haben sich daher darauf verlassen können, dass es sich um ein Bild handle, mit dessen öffentlicher Zugänglichmachung die Klägerin einverstanden sei.

Update

Das Landgericht Berlin hat am 19. Februar 2010 im Gegensatz zur Erstinstanz (Amtsgericht Charlottenburg) entschieden, dass die fehlende Urhebernennung durch den Beklagten doch rechtswidrig ist (Aktenzeichen 15 T 4/10). Die Wiedergabe des Bildes sei eine eigene Verwertungshandlung, welche die Rechte der Klägerin verletze.

Die Fotografin habe es zwar in den vergangenen Jahren geduldet, dass Sahra Wagenknecht das Bild ohne Urhebernennung auf ihrer Webseite eingestellt habe. Jedoch habe die Fotografin auch glaubhaft gemacht, dass die Verwertungsrechte an dem Foto nur der PDS Dortmund eingeräumt worden seien und auch nur für den Wahlkampf im Jahr 1988.

Daran ändere auch die Tatsache nichts, dass sie Kenntnis davon gehabt habe, dass die Fotos seit vielen Jahren ohne Urhebernennung auf der Webseite von Sahra Wagenknecht genutzt worden seien. Die bloße Untätigkeit stelle keine Willenserklärung des Einverständnisses dar, sa das Landgericht Berlin.

Die Kanzlei Dr. Bahr kommentiert für ZDNet aktuelle Urteile aus dem IT-Bereich. Sie ist auf den Bereich des Rechts der Neuen Medien und den Gewerblichen Rechtsschutz (Marken-, Urheber- und Wettbewerbsrecht) spezialisiert. Unter www.Law-Podcasting.de betreibt sie einen eigenen wöchentlichen Podcast und unter www.Law-Vodcast.de einen monatlichen Video-Podcast.

ZDNet.de Redaktion

Recent Posts

Gefahren im Foxit PDF-Reader

Check Point warnt vor offener Schwachstelle, die derzeit von Hackern für Phishing ausgenutzt wird.

1 Tag ago

Bitdefender entdeckt Sicherheitslücken in Überwachungskameras

Video-Babyphones sind ebenfalls betroffen. Cyberkriminelle nehmen vermehrt IoT-Hardware ins Visier.

1 Tag ago

Top-Malware in Deutschland: CloudEye zurück an der Spitze

Der Downloader hat hierzulande im April einen Anteil von 18,58 Prozent. Im Bereich Ransomware ist…

1 Tag ago

Podcast: „Die Zero Trust-Architektur ist gekommen, um zu bleiben“

Unternehmen greifen von überall aus auf die Cloud und Applikationen zu. Dementsprechend reicht das Burg-Prinzip…

2 Tagen ago

Google schließt weitere Zero-Day-Lücke in Chrome

Hacker nutzen eine jetzt gepatchte Schwachstelle im Google-Browser bereits aktiv aus. Die neue Chrome-Version stopft…

2 Tagen ago

Hacker greifen Zero-Day-Lücke in Windows mit Banking-Trojaner QakBot an

Microsoft bietet seit Anfang der Woche einen Patch für die Lücke. Kaspersky-Forscher gehen davon aus,…

2 Tagen ago