Freenet: Paralleles Web auf dem Vormarsch

Nach den jüngsten Debatten um User-Tracking, Echelon, Copyright-Verletzungen und ähnliche Ärgernisse im Cyberspace gewinnen Projekte wie das autonome Freenet (nicht zu verwechseln mit der deutschen Mobilcom-Tochter) wieder verstärkt an Augenmerk. Zumal die Haupt-Betreiber des Freenet-Projekts, eine Handvoll schwedischer Studenten, gerade ihre erste Vollzeit-Kraft eingestellt haben, um die Entwicklung der Software voranzutreiben. Oskar Sandberg wird umgerechnet gut 5000 Mark für zwei Monate Arbeit erhalten. Die Stelle wird über ein Spendenprojekt finanziert. So soll garantiert werden, dass die nächste, möglichst einfach zu bedienende Version der Software, schnell fertig wird.

„Ab dem nächsten Release wird Freenet nicht mehr als Forschungs-Plattform fungieren“, sagte der britische Programmierer Ian Clarke, der Freenet zunächst als Universitäts-Projekt gestartet hatte. „Wir hätten nie gedacht, dass so viele Leute das Tool zu einem so frühen Zeitpunkt verwenden.“

Freenet hat den Ansatz, ein paralleles Internet zum bisher bekannten aufzubauen. Inhalte sollen völlig anonym up- und downgeloadet werden, so das Konzept. Das Netzwerk beruht komplett auf privaten Rechnern. Die Freenet-Erfinder haben ein System entwickelt, das Datenpakete automatisch zwischen den verschiedenen Rechner verschiebt, so dass eine Datei so lange im Netzwerk hin und her wandert, bis sie an einem Ort gespeichert wird, der in der Nähe von Usern ist, die sie oft abrufen.

Die Nutzer geben einen bestimmten Teil ihrer Festplatte für die Nutzung durch Freenet ab. Allerdings können sie die auf ihrem Rechner gespeicherten Informationen nicht dekodieren. Selbst der Host kann nicht sagen, welche Informationen auf seinem Rechner liegen. Darin liegt zwar der Schutz vor dem Zugriff durch staatliche Zensur-Stellen und Tracking, der als Initialzündung für Freenet diente. Doch gleichzeitig ist es mit diesem Hintergrund schwer, eine einfache und intuitiv zu bedienende Benutzeroberfläche zu entwickeln, wie sie beispielsweise Napster zum Erfolg verholfen hat.

Jedoch hat es in jüngster Zeit einige Web-basierte Interfaces gegeben, die den technisch weniger Begabten einen einfachen Zugang gewähren sollten. Aber noch immer vermisst der User Tools wie beispielsweise eine Suchfunktion. Clarke gibt allerdings auch zu, dass ohne den kometenhaften Aufstieg des Napster-Konzepts Freenet noch viel länger im Verborgenen hätte wachsen können. Dadurch sei der Druck und das Interesse der Öffentlichkeit größer, einen funktionsfähigen Client mit zahlreichen Features zu produzieren.

So nutzen schon jetzt zahlreiche Internet-Surfer das alternative Freenet. Zwar besteht ein Großteil des Contents aus MP3s und Pornografie, doch findet sich auch eine Nachrichten-Site chinesischer Dissidenten auf den Rechnern. „Das ist schon ein wenig beängstigend“, so Clarke. „Wenn wir einen Fehler machen, sind diese Menschen in echten Schwierigkeiten.“

ZDNet.de Redaktion

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