US-Präsident unterzeichnet Erlass zur Überprüfung Sozialer Medien

US-Präsident Trump hat einen Erlass unterzeichnet, der verschiedene Behörden und Ministerien auffordert, bestehende Gesetze für die Regulierung Sozialer Medien zu überprüfen. Trump eskaliert damit vor allem den Streit mit Twitter, nachdem der Kurznachrichtendienst diese Woche erstmals einen Tweet des Präsidenten einem Faktencheck unterzogen und öffentlich wegen „möglicherweise irreführender Informationen“ markiert hatte.

Entgegen erster Vermutungen richtet sich die Verfügung jedoch nicht direkt gegen die Geschäftsmodelle von Twitter, Facebook und anderen Anbietern oder deren Umgang mit gezielten Falschinformationen. Stattdessen nimmt Trump vor allem einen Abschnitt eines 1996 verabschiedeten Kommunikationsgesetztes ins Visier, das Unternehmen von jeglicher Verantwortung für Inhalte freispricht, die ihre Nutzer veröffentlichen.

Schon im Vorfeld hatte Trump ausgerechnet Twitter benutzt, um seine Maßnahmen anzukündigen: „Das wir dein großer Tag für Social Media und Fairness“, twitterte er beispielsweise gestern Nachmittag.

In seinem Erlass wirft er Social-Media-Firmen aber auch vor, Inhalte selektiv zu zensieren. Bereits Zehntausende Amerikaner hätten von der Löschung von Inhalten berichtet, die nicht gegen die Nutzungsbedingungen der Dienste verstießen. Zudem kritisiert Trump „unangekündigte und nicht erläuterte“ Änderungen der Nutzungsbedingungen. Tatsächlich reagierte zuletzt unter anderem Twitter auch auf Tweets von Trump mit Änderungen bestimmter Regeln, beispielsweise nachdem Trump behauptet hatte, ein Moderator des Fernsehsenders MSNBC habe 2001 eine Mitarbeiterin ermordet, deren Tod jedoch als Unfall eingestuft wurde.

„Twitter entscheidet sich nun selektiv dafür, bestimmte Tweets mit einem Warnhinweis zu versehen, der die politische Voreingenommenheit deutlich zum Ausdruck bringt. Wie berichtet wurde, hat Twitter anscheinend noch nie einen solchen Warnhinweis auf den Tweets eines anderen Politikers platziert“, heißt es weiter in dem Erlasse des Präsidenten.

Damit nimmt das Weiße Haus direkt Bezug auf den fraglichen Tweet, den Twitter einem Faktencheck unterzogen hatte. Darin behauptete Trump, das eine Briefwahl Tor und Tür für Manipulationen öffnet. Hintergrund ist, dass einige US-Bundesstaaten angesichts der COVID-19-Pandemie die Möglichkeiten für die Briefwahl erweitern wollen. Seine Behauptung wiederholte Trump seitdem mehrfach, zuletzt in der vergangenen Nacht – ohne das Twitter einschritt. „Die Briefwahl wird zu massivem Betrug und Missbrauch führen. Sie wird auch zum Ende unserer großen Republikanischen Partei führen. Wir dürfen niemals zulassen, dass diese Tragödie über unsere Nation hereinbricht.“ Auf Beweise für seine Behauptungen wie beispielsweise wissenschaftliche Studien oder Aussagen von unabhängigen Wahlbeobachtern über Briefwahlen in anderen Ländern verzichtete Trump.

Fake News, also bewusste Falschmeldungen, sind inzwischen ein großes Problem sozialer Medien. Immer mehr Staaten fordern von den Anbietern, gegen die gezielte Verbreitung falscher Aussagen vorzugehen. Twitter und Facebook führen zwar zu bestimmten Inhalten Faktenchecks durch und markieren auch zweifelhafte Inhalte, bei hochrangigen Politikern schritten sie bisher jedoch nicht ein – mit Ausnahme des fraglichen Trump-Tweets.

Zudem sind sich Twitter und Facebook nicht einig, wie mit solchen Inhalten umzugehen ist. Während Twitter auch bestimmte Formen der Wahlwerbung untersagt, beruft sich Facebook stets auf die Meinungsfreiheit, die nach Ansicht von Firmengründer Mark Zuckerberg auch Inhalte rechtfertigt, die möglicherweise andere Grundrechte wie das Wahlrecht einschränken. Zudem wendet Facebook seine Regeln für Inhaltsbeschränkungen grundsätzlich nicht auf Politiker an, was Zuckerberg zuletzt bekräftige.

Welche Folgen der Erlass für Twitter und Co. haben wird, lässt sich derzeit nicht abschätzen. Offizielle Reaktionen beispielsweise der Federal Communications Commission, die laut der Verfügung zuständig ist, stehen noch aus. Allerdings twitterte die FCC-Kommissarin Jessica Rosenworcel, dass sie die Behörde als nicht zuständig ansieht. „Soziale Medien können frustrierend sein. Aber eine Executive Order, die die FCC zur Sprachpolizei des Präsidenten machen würde, ist nicht die Antwort. Es ist an der Zeit, dass sich die Menschen in Washington für den Ersten Verfassungszusatz einsetzen. Die Geschichte wird es nicht gutheißen, zu schweigen.“

Auch der Juraprofessor Marty Lederman geht davon aus, dass die FCC keine Maßnahmen ergreifen wird. „Der Entwurf ist voller Wut und hat nichts zu bedeuten“, kommentierte der Jurist ebenfalls per Twitter. Es laufe darauf hinaus, dass das Wirtschaftsministerium eine Petition bei der FCC einreichen solle, um eine Klarstellung des fraglichen Abschnitts in dem Kommunikationsgesetz zu erreichen. Selbst wenn der Minister die Forderung umsetze, werde die FCC wahrscheinlich nichts unternehmen. Und gegenüber der ebenfalls in dem Erlass genannten Handelsbehörde FTC sei Trump nicht weisungsberechtigt.

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Stefan Beiersmann

Stefan unterstützt seit 2006 als Freier Mitarbeiter die ZDNet-Redaktion. Wenn andere noch schlafen, sichtet er bereits die Nachrichtenlage, sodass die ersten News des Tages meistens von ihm stammen.

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