Nach Druck auf Verlage: Autorenkampagne gegen Amazon

Fast 900 Autoren der Gruppe „Authors United“ haben einen offenen Brief unterschrieben, der sich gegen Amazons Verhandlungstaktiken in den laufenden Verhandlungen mit der Verlagsgruppe Hachette ausspricht. Zu den Unterzeichnern gehören bekannte Bestsellerautoren wie Stephen King und John Grisham sowie die Pulitzer-Preisträgerin Jennifer Egan.

Amazon-CEO Jeff Bezos (Bild: CNET)

Organisiert wurde die Kampagne vom amerikanischen Thriller-Autor Douglas Preston, der die ganzseitige Veröffentlichung des „Briefes an unsere Leser“ in der New York Times ankündigte. „Ich habe noch nie in meinem ganzen Leben erlebt, wie Autoren so zusammenstehen“, sagte Preston gegenüber dem Guardian. „Nie. Und aus keinem Grund.“ Er wies außerdem darauf hin, dass die Mehrzahl der Unterzeichner keine Hachette-Autoren seien.

Zu den Unterstützern gehören Autoren der Hachette-Verlage wie auch anderer Verlage, die eigentlich nicht von der Auseinandersetzung betroffen sind. Mindestens seit Mai bevorratet der Onlinehändler gedruckte Bücher von Hachette nicht mehr wie zuvor, was zu längeren Lieferfristen führte, und nimmt außerdem keine Vorbestellungen noch nicht erschienener Bücher dieser Gruppe an. Bei anderen Hachette-Titeln wiederum gibt Amazon vergleichsweise geringere Nachlässe und empfiehlt ähnliche Bücher anderer Verleger als „günstigere Angebote“. Der von Amazon ausgeübte Druck traf nicht nur den Verlagskonzern, vielmehr klagten auch betroffene Autoren über Verkaufseinbußen.

Vielfach war von einem „Monopol“ und seinem Missbrauch die Rede, obwohl Amazon selbst im Buchmarkt der USA nur über einen Anteil von etwa einem Drittel verfügt. Amazon bezeichnete den Druck auf die Verlage als legitime Verhandlungstaktik. Obwohl die Streitparteien sich zu strittigen Einzelheiten der Verhandlungen ausschweigen, spricht alles dafür, dass es vorrangig um die Aufteilung der Einnahmen aus E-Book-Verkäufen geht. Brancheninsidern zufolge bekommt Amazon bislang 30 Prozent und erwartet künftig einen Anteil von 50 Prozent.

In ihrem offenen Brief wirft Prestons Autorengruppe dem Onlinehändler „schikanöses Verhalten“ vor. „Wir fühlen uns verraten, weil wir Amazon geholfen haben, eines der weltweit größten Unternehmen zu werden“, heißt es darin. „Wir haben es von Anfang unterstützt, wir haben kostenlos Blogs, Besprechungen und alles mögliche beigetragen, um das uns Amazon für lau gebeten hat. Wir dachten, wir hätten eine ziemlich gute Partnerschaft, aber mit seinem geschäftlichen Verhalten hat Amazon die Autoren in den letzten Jahren überhaupt nicht mehr unterstützt.“

Amazon wies die Vorwürfe in einer Stellungnahme gegenüber News.com zurück. „Nicht die Leser sollten auf Mr. Preston hören, sondern Mr. Preston sollte auf die Leser hören. Und sie haben klar ausgedrückt, dass sie E-Books zu Preisen unter 10 Dollar bevorzugen.“ Das Unternehmen erinnerte an eine frühere Äußerung Prestons, der den amerikanischen Verbrauchern eine „absolut erstaunliche Anspruchshaltung“ aufgrund der gewünschten niedrigeren E-Book-Preise unterstellt hatte. „Es ist ganz eindeutig Mr. Preston, der sich zu Ansprüchen berechtigt fühlt. Und ‚erstaunlich‘ ist, dass er glaubt, dass die Leser einen Opportunisten nicht als solchen erkennen werden, der die Unterstützung der Leser sucht, während er aktiv gegen ihre Interessen arbeitet.“

An Hachette wendet sich inzwischen eine von „Autoren und Lesern“ eingereichte Petition bei Change.org und fordert den Verlagskonzern auf, seinen „Kampf gegen niedrigere Preise und faire Arbeitsentgelte“ einzustellen. Die Verfasser weisen darauf hin, dass Amazon Autoren, die E-Books auf seiner Plattform einstellen, mit 35 bis 70 Prozent des Listenpreises einen mehrfach höheren Anteil an den Einnahmen überlässt als die etablierten Verlage. Die Petition wurde bereits von mehr als 7500 Unterstützern unterschrieben.

[mit Material von Nick Statt, News.com]

ZDNet.de Redaktion

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