Mobil-Offensive: Apple und IBM bilden Allianz – vor allem gegen Microsoft und Google

Alte Liebe rostet nicht, könnte man zu der erneuten Liaison zwischen Apple und IBM sagen. Schon einmal waren die beiden Firmen eine Zweckgemeinschaft eingegangen. Mit der 1991 veröffentlichten PowerPC-Architektur wollten sie zusammen mit Motorola die Dominanz Intel-basierter und mit Windows betriebener PCs brechen. Performanceprobleme und die hohe Leistungsaufnahme der PowerPC-Chips führten schließlich dazu, dass Apple 2005 den Wechsel auf die Intel-Architektur bekanntgab. Damit war das ambitionierte Vorhaben beendet.

Diesmal stehen die Chancen für die beiden besser, um nicht  zu sagen, die Rollen haben sich komplett getauscht. Während Microsoft im mobilen Bereich derzeit noch so gut wie keine Rolle spielt, sieht es bei Apple völlig anders aus. Mit der Vorstellung des iPhone 2007 begann ein neues mobiles Zeitalter. Den Smartphonemarkt dominieren nicht wie seinerzeit Nokia, sondern Apple und Samsung. Die Android-Konkurrenz hat Apple inzwischen zwar zahlenmäßig überholt, doch im Unternehmensbereich spielen iOS-Geräte eine mehr als wichtige Rolle. Laut Good Technologies liegt der Anteil von iOS in Unternehmen Ende 2013 bei 73 Prozent, während Android nur 26 Prozent erreicht. Windows Phone kommt der Erhebung zufolge nur auf einen  Marktanteil von 1 Prozent. Es ist damit vernachlässigbar.

Microsoft, das mit Exchange, Windows, Windows Server und Cloud-Angeboten traditionell eine starke Rolle in Unternehmen spielt, versucht zwar den Rückstand zu Android und iOS aufzuholen – allein der Erfolg will sich nicht einstellen. Daran dürfte auch die gerade stattfindende Worldwide Partners Confernence (WPC) mit dem Motto „Mobile First, Cloud First“ nichts ändern. Viel mehr dürfte die Nachricht von der Allianz zwischen Apple und Big Blue dort wie eine Bombe einschlagen. Den Zeitpunkt der Bekanntgabe ihrer die Zusammenarbeit im Bereich Mobile Computing in Unternehmen haben Apple und IBM sicher nicht rein zufällig gewählt. IBM vermarktet die neue Allianz übrigens mit MobileFirst. Dass dabei auch die Cloud eine Rolle spielt, dürfte klar sein.

Bild mit Symbolchrakter: Ginni Rometty, Präsidentin und CEO von IBM und Tim Cook, CEO von Apple, wollen künftig einen gemeinsamen Weg gehen (Bild: IBM).

Schließlich hat sich IBM im Bereich Enterprise Mobility Management durch den Kauf des Spezialisten Fiberlink entscheidend verstärkt. Im Rahmen der Partnerschaft mit Apple will IBM über 100 branchenspezifische Unternehmenslösungen inklusive nativer, von Grund auf für iPhone und iPad entwickelter Apps anbieten. Diese Angebote, so machen die beiden Konzerne klar, wird es exklusiv für iOS geben. Außerdem verkauft IBM künftig iPhones und iPads mit branchenspezifischen Lösungen an Unternehmenskunden. Sie sollen dann auch auf neue, an die Anforderungen von Firmen ausgerichtet Apple-Care-Service-Pakete und Apple-Support-Angebote zurückgreifen können. Die werden zudem künftig durch einen bislang schmerzhaft vermissten Vor-Ort-Service, den IBM übernehmen wird, ergänzt.

Die neue Partnerschaft richtet sich natürlich nicht nur gegen Microsoft. Auch Google ist davon betroffen. Bisher tut sich Android im Unternehmensumfeld noch recht schwer. Das dürfte auch damit zusammenhängen, dass es für Android keine so umfangreichen Funktionen zur Verwaltung und Integration in Unternehmensnetze gibt wie für iOS. Das ändert sich jedoch bald. Auf seiner Entwicklerkonferenz Google I/O Ende Juni hat der IT-Konzern eine Zusammenarbeit mit Samsung angekündigt. Dssen Technologie Knox erfüllt größtenteils die Anforderungen, die Unternehmen hinsichtlich Verwaltung und Sicherheit an mobile Geräte stellen. Die für Herbst erwartete neue Android-Version L soll Teile von Knox standardmäßig enthalten.

Ein weiterer Verlierer der neuen Partnerschaft ist sicher auch BlackBerry. Dessen Mobil-Plattform galt jahrelang als Standard im Unternehmensbereich und wird nun von iOS und Android in die Zange genommen. Mit bitteren Folgen für die Kanadier: Umsatz und Martkanteile sind im Sinkflug. Auch SAP und Oracle dürften von dem neuen Bündnis wenig angetan sein. Zwar hat beispielsweise SAP schon zahlreiche Business Apps für iOS entwickelt und verwendet schon länger das iPad. Doch die herausragende Position von IBM in Bezug auf die iOS-Plattform dürfte den Walldorfern nur wenig schmecken, genauso wenig übrigens wie Oracle.

Darin liegt aber auch die Gefahr für Apple und IBM. Sollten IT-Größen wie SAP, Oracle und andere aufgrund der IBM-Dominanz im iOS-Bereich zukünftig verstärkt auf die Android-Plattform setzen, könnte sich die jetzt geschlossene Partnerschaft für Apple und IBM als Bumerang erweisen. Die Frage lautet also: Sind beide Partner stark genug, um sich dauerhaft gegen die Mitbewerber durchzusetzen? Man darf gespannt sein.

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Kai Schmerer

Kai ist seit 2000 Mitglied der ZDNet-Redaktion, wo er zunächst den Bereich TechExpert leitete und 2005 zum Stellvertretenden Chefredakteur befördert wurde. Als Chefredakteur von ZDNet.de ist er seit 2008 tätig.

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