LTE-Bandbreite: Warum kommen keine 100 Megabit/s?

Die Frequenzen für LTE-800, genannt die Digitale Dividende, waren viel „wertvoller“ als jene bei 1800, 2000 und 2600 MHz zusammen genommen. Erstere haben dem Finanzminister 3,7 von insgesamt 4,4 Milliarden Euro eingebracht (Grafik: LANCOM Systems).

LTE-800-Praxiswerte

ZDNet.de: Welchen Datendurchsatz schafft Ihr Business-Router im 800-MHz-Band?

Ralf Koenzen: Bei guter LTE-800-Versorgungslage sind es circa 45 MBit/s im Download und gut 10 MBit/s im Upload.

ZDNet.de: Gibt es auch Messwerte aus dem fahrenden Auto?

Ralf Koenzen: Im Münchener Umland haben wir im fahrenden Auto fast identische Durchsatzwerte wie im stationären Betrieb gemessen, also über 40 MBit/s im Download und circa 10 MBit/s im Upload. Natürlich erreicht man so schöne Messwerte nicht immer und nicht überall.

LTE-800 strahlt viel weiter als LTE-2600. Deshalb kann man Deutschland mit LTE-800 viel schneller und mit viel weniger Basisstationen versorgen als mittels LTE-2600. Sobald es in den LTE-800-Zellen aber eng wird, gewinnen die kleinen LTE-2600-Zellen stärker an Bedeutung. Sie dürften dann die LTE-800-Zellen an stark bevölkerten Hotspots überlagern, ohne sich gegenseitig zu stören (Grafik: LANCOM Systems).

LTE-800-Labor-Messwerte

ZDNet.de: Welche Messwerte erreichen Sie mit LTE-800 im Labor?

Ralf Koenzen: An unserem „R&S CMW 500 Wideband Radio Communication Tester“ von Rohde & Schwarz kommen freilich noch höhere Labor-Messwerte aus jedwedem LTE-Router als in unseren Praxis-Messungen. Solche Labor-Messwerte führen mitunter auch zum Frust, weil sie ja in keinem kommerziellen LTE-Kundennetz später mehr erzielbar sind. Wir kommunizieren diese Laborwerte nicht, um keine unrealistischen Erwartungen zu schüren. Der echte LTE-Anwender betreibt den Router in seiner Firma ja später auch nicht an einem LTE-Simulator. Unsere WLAN- und LTE-Entwickler brauchen aber solche Test- und Messgeräte. Diese können unter anderem auch Basis-Stationen simulieren, bevor sie überhaupt in der Praxis aufgebaut werden.

Vodafone Deutschland konzentriert sich vorerst ganz auf den LTE-Ausbau bei 800 MHz. Damit ist der LTE-Speed bei Vodafone derzeit noch auf circa 50 MBit/s beschränkt. Erst in einem zweiten Schritt wollen die Düsseldorfer LTE-2600 verstärkt ausrollen. (Foto: Harald Karcher).

LTE-1800 für Telekom-Städte

ZDNet.de: Welche Bedeutung hat LTE-1800 in Deutschland?

Ralf Koenzen: Im Sommer 2011 hat die Deutsche Telekom AG das erste deutsche LTE-1800-Funknetz in Köln kommerziell gestartet. Die Frequenz bei 1800 MHz hat damals noch ein bisschen überrascht, zumal es just für LTE-1800 noch wenig Endgeräte gab.

LTE-1800 strahlt nicht ganz so weit wie LTE-800 und dringt auch nicht so tief in Gebäude hinein. Andererseits darf der Netzbetreiber bei LTE-1800 die volle Kanalbreite von 20 MHz nutzen, genau wie bei LTE-2600. Damit kann er bei LTE-1800 auch die volle Download-Geschwindigkeit von 100 MBit/s anbieten, genau wie bei LTE-2600.

Laut Dr. Bruno Jacobfeuerborn, Technikchef der Telekom Deutschland GmbH, ist 2012 das Jahr von LTE: Die Telekom will bis Ende 2012 mehr als 100 Städte mit LTE-1800 versorgt haben.

Ist LTE-1800 der Nischen-Exot?

ZDNet.de: Zwei von drei deutschen LTE-Anbietern, nämlich o2 und Vodafone, bieten überhaupt kein LTE-1800-Funknetz an. Die Telekom wiederum funkt LTE-1800 nur in den größeren Städten, aber nicht auf dem Lande. Ist LTE-1800 damit ein Nischen-Exot?

Ralf Koenzen: Nicht mehr lange! Denn LTE-1800 ist auch weltweit im Kommen. Damit hat die Telekom, genau wie Apple, gar keine schlechte Wahl getroffen. LTE-1800 ist ein guter Kompromiss zwischen dem großzelligen LTE-800 und dem sehr kleinzelligen LTE-2600. Wenn die hohe Adoptionsrate von LTE-1800 bei Providern und Geräte-Herstellern anhält, dann könnte sich LTE-1800 bald als das weltweit einheitliche LTE-Band entwickeln.

LTE-1800-Praxis-Messwerte

ZDNet.de: Ihr 4G-Business-Router gehört zu den wenigen LTE-Endgeräten, die schon seit Vertriebsfreigabe im März 2012 unter anderem auch LTE-1800 beherrschen. Wo liegen die typischen Durchsatzwerte?

Ralf Koenzen: Im LTE-1800-Netz der Telekom wurden im März 2012, fast zeitgleich zu unserer Router-Vertriebsfreigabe, die Kanalbandbreiten von 15 auf 20 MHz erweitert. Mit beiden Kanalbreiten hat sich der „LANCOM 1781-4G“ offenbar auf Anhieb gut vertragen. Über die breiteren 20-MHz-Kanäle kamen oft Mittelwerte von über 42 MBit/s, teilweise 45 Mbit/s, im Download und 28 MBit/s im Upload bei sehr geringen Schwankungen. Besonders der Upload stellt sogar VDSL-50-Praxiswerte in den Schatten. Doch wie gesagt, die Messwerte hängen von vielen Faktoren ab und sind nicht immer gleich.

Wer mit dem „LANCOM 1781-4G“ die optimale Speed aus dem LTE-1800-Netz der Telekom herauskitzeln will, braucht eine Telekom-SIM-Karte mit dem Tarif web’n’walk Connect XXL. Dieser Tarif erlaubt offiziell bis zu 100 MBit/s im Download und bis zu 50 MBit/s im Upload, was wir bislang aber noch in keinem kommerziell bevölkerten LTE-Kundennetz voll erzielen konnten. Und je mehr LTE-Smartphones neuerdings im LTE-1800-Netz aktiv sind, desto geringer wird die Chance, die vollen 100 MBit/s zu bekommen, egal mit welchem Endgerät (Foto: Harald Karcher).

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ZDNet.de Redaktion

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