Business By Design 4.0: SAP fängt noch einmal von vorne an

Als Henning Kagermann, damals noch SAP-Vorstandsvorsitzender, 2007 in New York ein neues Produkt ankündigte, das den Bezugweg für Business-Applikationen revolutionieren sollte, war die Meinung der Experten eindeutig: SAP bringt Business By Design zum richtigen Zeitpunkt. Doch die vielversprechende On-Demand-Software hat trotz großer Erwartungen und gegenteiliger Beteuerungen von SAP nicht das halten können, was man von ihr erhofft hatte.

Die Piste, auf der Business By Design bis heute zu starten versucht, gleicht einer ausgedienten Straße, übersät mit Schlaglöchern. Vor allem technische Probleme haben den Abflug bislang verhindert. Die Installationszahlen blieben weit unter Plan. Jetzt soll das Produkt – so wie einst der Phönix derin der Sage – zu neuen Höhenflügen ansetzen.

Noch einmal ein Startschuss

„Version 4.0 ist noch einmal ein Startschuss für Business By Design“, sagt Chris Horak, Vice President Solution Marketing bei SAP (Bild: SAP)

Mit der Version 4.0, die ab August verfügbar ist, soll sich vieles ändern. „Die Version 4.0 ist noch einmal ein Startschuss für Business By Design“, sagt Chris Horak, VP Solution Marketing bei SAP. „Sie soll ein Signal für unsere Partner und Kunden sein, dass wir jetzt richtig Gas geben.“

Zudem solle die Version auch letzte Zweifel ausräumen, ob ERP in der Wolke auch tatsächlich funktioniere. Indikator für die Glaubwürdigkeit sei die Stabilität, mit der Business By Design nun Laufe. „Wir haben jetzt ein ausgereiftes Produkt, das robust ist und das wir weiter pflegen werden“, verspricht Horak. Gerade letzteres ist nach unbedachten Äußerungen des mit SuccessFactors neu zu SAP hinzugekommenen Lars Dalgaard vor Journalisten und Analysten über Business By Design wichtig. Zudem werde es alle drei Monate neue Versionen mit zusätzlichen Erweiterungen geben. Das klingt vielversprechend – wieder einmal. Ob aber damit der Durchbruch gelingt, bleibt abzuwarten.

Die Version 4.0 enthält ein Development-Kit für Partner und Kunden, die nun Branchenlösungen und Länderversionen mittels Add-ons selber bauen können. Bei den Branchenlösungen konzentriert sich SAP auf den Sales-Order-Prozess, wo es um die Planung, den Verkauf und die Bestellung von Materialien geht, sowie die Distribution, wo die Verteilung von Gütern im Mittelpunkt steht. Beides sei ausdrücklich von Kunden gewünscht worden.

Beim Add-on zur Erstellung eigener Länderversionen hat SAP vor allem die Filialen von Großkunden im Auge, die in „exotischen“ Ländern nur geringe Funktionalität, beispielsweise die Bilanzkonsolidierung, brauchen. Im Bedarfsfall kann SAP oder ein Partner bei der Einrichtung unterstützen.

Partnergeschäft

„Das Geschäft im Mittelstand läuft über Partner“, sagt Horak. „Wir wollen, dass die Partner die Nähe zu den Kunden haben. SAP kann nicht in allen microvertikalen Branchen vertreten sein. Wir sagen: Wir kennen Dienstleistung, Herstellung und Distribution. Die Nische abzudecken, überlassen wir unseren Partnern. Das Development-Kit ist eine Einladung.“ Um den Partnern das Geschäft leichter zu machen, bietet SAP ihnen auch eine Anbindung an den SAP-Store, in dem sie bereits gebaute Branchenlösung anbieten können.

Strategisch will SAP bei Business By Design weitere Großkunden gewinnen, um Marktmacht und Glaubwürdigkeit auszubauen. „Wir wollen damit bei kleineren Kunden punkten und den Vertrieb weiter vorantreiben“, so Horak. Es ist deutlich erkennbar, was sich die SAP von der neuen Version verspricht: Business One, lange Zeit das Stiefkind im Produktportfolio der Walldorfer, hat sich inzwischen sehr gut positioniert.

Den Erfolg hat letzendlich das Service Development-Kit gebracht. Zudem hat man in der Applikation aufgeräumt. Die Länderversionen wurden in einer gemeinsamen Codebasis zusammengeführt. Das Resultat: Eine international verfügbare und saubere Lösung. Dasselbe soll nun auch bei Business By Design funktionieren.

Fehlendes Bekenntnis

„SAP müsste endlich einmal klar sagen, welche Strategie man bei Business By Design verfolgt und welche Märkte über die heutigen hinaus man in den nächsten fünf Jahren adressieren will“, fordert Gartner-Analyst Christian Hestermann (Bild: Gartner).

Dennoch bleiben Zweifel: „Die Neuerungen sind gut. Die technische Stabilität und die Möglichkeit zur Erweiterung sind jetzt da“, sagt Christian Hestermann, Research Director ERP beim Analystenhaus Gartner. „Aber man müsste endlich einmal klar sagen, welche Strategie SAP bei Business By Design verfolgt und welche Märkte über die heutigen hinaus man in den nächsten fünf Jahren adressieren will. Da fehlt ein klares Bekenntnis auf politischer Ebene.“

Dieses fehlende Bekenntnis kann zu einer Verunsicherung bei den Partnern führen. Denn eines ist sicher: SAP hat das Know-how im Hause. Sie weiß wie man Brachenlösungen und Länderversionen baut. Und die Partner könnten sich fragen, warum und wann SAP das nicht selber macht. Zudem ist die Frage, ob eine komplette Suite den modernen Ansprüchen von Cloud Services noch gerecht wird. Der Vorteil von Cloud-Applikationen ist doch gerade die extreme Flexibilität bei der Wahl des Produkts – Stichwort „Point-Solutions“.

Doch da gibt sich SAP gelassen. In den 90er Jahren habe es diesen Trend schon einmal gegeben. Man werde aber wieder zur Suite zurückkehren, zwar nicht monolithisch, sondern sich Stück für Stück dazukaufen und die Funktionalität erweitern.

Peter Marwan

Für ZDNet veröffentlicht Peter immer wieder Beiträge zum Thema IT Business.

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