Landgericht Osnabrück verurteilt Bande gewerbsmäßiger Internetbetrüger

Das Landgericht Osnabrück hat heute das Urteil gegen vier im Zusammenhang mit online versendeten Grußkarten wegen Betrug und Erpressung Angeklagte verkündet (Aktenzeichen 15 KLs 35/09). Die Kammer erkannte nach 26 Verhandlungstagen und Vernehmung von 52 Zeugen auf Betrug, weil die Angeklagten fälschlich behauptet hatten, dass sie unerwünscht Werbung erhalten hätten. Eine Erpressung läge hingegen nicht vor: Die bloße Drohung mit einem Rechtsstreit in den Abmahnschreiben ist nach Ansicht der Richter kein „empfindliches Übel“.

Die Angeklagten haben 2004 und 2005 Firmen, Kommunen und Parteien abgemahnt, die im Rahmen ihres Webauftritts die Möglichkeit anboten, E-Cards zu versenden. Sie behaupteten, dass sie solche per E-Mail unerwünscht erhalten hätten, und forderten ihre Opfer wegen unaufgefordert zugesandter Werbung zur Abgabe einer wettbewerbsrechtlichen Unterlassungserklärung auf. Die Onlinegrußkarten hatten sich die Angeklagten zuvor jedoch selbst zugeschickt.

Die Kosten für die Abmahnung durch den Rechtsanwalt, jeweils in Höhe von 532,90 Euro, teilten die Täter unter sich auf. In den Abmahnschreiben war für jeden Wiederholungsfall eine Vertragsstrafe von 5000 Euro festgesetzt. Diesen Wiederholungsfall haben die Angeklagten teilweise auch erfolgreich provoziert und die dafür anfallende Strafe kassiert.

Den Hauptangeklagten Michael B. hat das Gericht des gewerbsmäßigen Betruges in 38 Fällen sowie des versuchten gewerbsmäßigen Betrugs in 33 Fällen für schuldig befunden. Er wurde zu einer auf Bewährung ausgesetzten Gesamtfreiheitsstrafe von einem Jahr und sechs Monaten verurteilt. Der 37-Jährige muss als Bewährungsauflage 120.000 Euro an gemeinnützige Einrichtungen zahlen. Die Staatsanwaltschaft hatte für Michael B. wegen gewerbsmäßigen Betruges sowie gewerbsmäßiger Erpressung eine Gesamtfreiheitsstrafe von drei Jahren und sechs Monaten gefordert.

Gegen den mitangeklagten Rechtsanwalt Bernhard S. aus München ist wegen gewerbsmäßigen Betrugs eine Gesamtfreiheitsstrafe von 15 Monaten verhängt worden. Deren Vollstreckung ist unter einer Auflage von 12.000 Euro zur Bewährung ausgesetzt worden. Die Staatsanwaltschaft hatte eine Gesamtfreiheitsstrafe von drei Jahren gefordert. Die beiden übrigen Angeklagten sind zu einer siebenmonatigen Bewährungsstrafe beziehungsweise zu einer Geldstrafe verurteilt worden. Zwei weitere, ursprünglich Angeklagte kamen ohne Strafe davon.

Bei Eröffnung des Verfahrens standen gegen Michael B. auch noch Anschuldigungen wegen betrügerischer Abmahnungen von Onlineshops aufgrund fehlerhafter Allgemeiner Geschäftsbedingungen im Raum. Dafür habe er extra einen Onlineversand für Computer und Zubehör eingerichtet. Dieser sei aber im Wesentlichen als Legitimation für den Versand von Abmahnungen genutzt worden. Auch die daraus erzielten Einnahmen hätten sich Michael B. und Bernhard S. geteilt. Da der Onlineshop aber tatsächlich existierte und die AGB der Mitbewerber fehlerhaft waren, kam es in diesem Punkt zu keiner Verurteilung.

Update 28. Februar 2012, 14 Uhr 10: Wie das Landgericht Osnabrück heute mitgeteilt hat, haben Michael B. und der mitangeklagte Rechtsanwalt Bernhard S. ebenso wie die Staatsanwaltschaft Osnabrück gegen das Urteil Revision eingelegt. Nun muss der Bundesgerichtshof in Karlsruhe die Entscheidung auf etwaige Rechtsfehler überprüfen.

ZDNet.de Redaktion

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