Analysten: Patentprozesse schaden oft beiden Parteien

Analysten haben gegenüber ZDNet die Ansicht vertreten, dass Patentprozesse meistens beiden Parteien schaden – dem Kläger wie dem Beklagten. Beispielsweise sagt Rechtsexperte Andy Leck von Baker & Mackenzie, Wong & Leow: „Prozesse verbrauchen viel Geld, Zeit und Mühen. Oft profitieren beide mehr, wenn sie eine Einigung erreichen.“ Den dritten Aspekt betont dagegen Krishna Baidya von Frost & Sullivan: Ein Rechtsstreit sei immer eine „gewaltige Ablenkung“ von der eigentlichen Unternehmensstrategie.

Daryl Chiam von Canalys beobachtet den häufigen Fall, dass beide „einige Runden“ mit Klage und Gegenklage durchständen, bevor sie sich auf einen Kompromiss einigten. Dies halte er für „Zeitverschwendung“, aber es sei kein „wirklich großes“ Problem für die Branche. Nur kleinere Marktteilnehmer hätten oft nicht Ressourcen, um einen langen Rechtsstreit durchzustehen.

Baidya von Frost & Sullivan betonte, neben Rechtsstreits unter Konkurrenten gebe es zunehmend Firmen, die von fragwürdigen Patentansprüchen lebten. Obwohl Patente ursprünglich als Schutzrechte für Erfinder vorgesehen seien, komme es zunehmend vor, dass Firmen „ohne eigentliches Recht“ Patente zugesprochen bekämen und dann andere Firmen mit Drohungen „heimsuchen“. Ziel seien Branchengrößen wie Apple oder Google, bei denen viel zu holen sei. Kleine Firmen würden aber keineswegs ausgenommen: „Mit geringen oder gar keinen Finanzmitteln für einen Rechtsstreit mit den Patentinhabern werden kleine Firmen und Entwickler einer existenziellen Unsicherheit ausgesetzt.“

Ob Patente Innovationen unterdrücken, dazu wollte keiner der Analysten einen eindeutigen Kommentar abgeben. Auch Bryan Tan, Direktor der Keystone Law Corporation, hält es für „extrem schwer zu messen“, welche Auswirkungen die Prozessflut auf die Entwicklungsarbeit hat. „Innovation findet noch statt, weil sie einen geschäftlichen Vorteil bringt. Manche glauben aber, dass irgendwann alles Patentierfähige auch patentiert ist.“

Brian Prentice von Gartner schließlich sieht Patentstreitigkeiten als integralen Bestandteil des heutigen ITK-Markts. Seit einer Weile habe sich der Wettbewerb verschärft. „Es ist schwer, etwas in der IT zu tun, ohne ein Schutzrecht zu verletzen.“ In einem funktionierenden Rechtssystem gelte der Grundsatz: „Patente verkörpern Innovation.“ Das sei heute nicht der Fall. In den USA beispielsweise liege das daran, dass ein Patentantrag im Durchschnitt 18 Stunden geprüft werde – eine angesichts der Komplexität viel zu kurze Zeitspanne.

ZDNet.de Redaktion

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