„Der nächste Steve Jobs nutzt wahrscheinlich Linux“


Jim Zemlin, Executive Director der Linux Foundation (Bild: Linux Foundation).

Jim Zemlin, Executive Director der Linux Foundation, hat im Vorfeld des 2011 Linux Foundation Collaboration Summit mit ZDNet-Autor Steven J. Vaughan-Nichols über den 20. Geburtstag von Linux und die Pläne für die Zukunft gesprochen.

Es sei verfrüht, von einem Sieg über Microsoft zu sprechen, so Zemlin. Aber man habe bei der Linux Foundation die „Microsoft-Bessesenheit“ überwunden. Schließlich gebe es auch keinen Grund mehr dafür, Linux stehe selbst auf starken Beinen: Von Systemen zur Luftraumkontrolle über Infotainment-Lösungen bis zu Atom-U-Booten würde heute für eine Vielzahl professioneller, hochkritischer Einsatzszenarien Linux gewählt. Linux stecke auch im 10 Milliarden teuren CERN, oder hinter den Spezialeffekten im Film Avatar.

Nicht zuletzt sei Linux das Betriebssystem der Wahl vieler Börsen: „72 Prozent des weltweiten Aktienhandels lief 2010 über Linux-Systeme“, so Zemlin. Der Anteil dürfte 2011 sogar noch höher liegen, migriert doch auch die Londoner Börse auf Linux. Außerdem weist Zemlin auf den „kompletten Wandel“ beim Supercomputing hin: Während vor zehn Jahren noch 96 Prozent der Rechner aus der Top-500-Liste mit Unix liefen, werden heute 96 Prozent mit Linux betrieben.

Linux als Wirtschaftsfaktor

Das Open-Source-Betriebssystem feiert aber nicht nur in Serverräumen exotischer Organsiationen Erfolge, sondern setzt sich nach Zemlins Ansicht auch auf dem Börsenparkett durch. „Von der Wall Street geht die Botschaft aus, dass Linux die Zukunft ist. Bei einem Vergleich der Performance der Aktien von Red Hat und Microsoft über die vergangenen zehn Jahre zeigt sich, dass sich der Wert der Red-Hat-Aktie vervierfacht hat, während die Microsoft-Aktie stagniert.“ Zwar sei die Marktkapitalisierung von Microsoft wesentlich höher und auch der Umsatz größer – aber behinsichtlich der langfristigen Wachstumsaussichten setzten die Börsianer auf Linux und Red Hat.

Einen der Gründe dafür sieht Zemlin nach Gesprächen mit den Taktgebern aus der Technologiebranche darin, dass sich auf Basis von Open Source wesentlich innovativere Geschäftsmodelle aufbauen lassen. Er hat auch ein Beispiel parat: Amazons Kindle, ein Android-Linux-Gerät, habe es dem Buchhändler erlaubt, mehr Bücher zu verkaufen. Zemlin glaubt, dass das erst ein Anfang ist und weitere, interessante Linux-Nutzungsszenarien neuen Schwung für alte und neue Geschäftsmodelle bringen werden.

Das gelte auch im Mobil-Markt. Dort sei das letzte Wort noch lange nicht gesprochen. Konkrete Prognosen will er zwar nicht abgeben, ist sich aber sicher dass Linux und Open Source dadurch, dass sie Firmen erlauben, ihr Schicksal selbst in die Hand zu nehmen, eine gewichtige Rolle im Markt für Tablets und Smartphones spielen werden.

„Das echte Problem ist das Patentsystem.“

Daran, so Zemlin, werde auch die aktuelle Verunsicherungskampagne zu Copyright- und Patentverletzungen nichts ändern. „Das echte Problem ist das Patentsystem. Keines der angeprangerten Probleme ist Open-Source-spezifisch. Die einzelnen Beschwerden kommen von offenbar von Linux-Wettbewerbern, so dass sie dementsprechend einzuordnen sind.“

Hinsichtlich der näheren Zukunft von Linux verwies Zemlin auf das zu der Veranstaltung in San Francisco vorgestellte Release 1.0 des Projekts Yocto: Es soll die Entwicklung von Embeded Linux deutlich einfacher und schneller machen. „Der nächste Steve Jobs nutzt wahrscheinlich Linux“, so Zemlin. „Darauf würde ich einiges wetten. Denn Linux and Open-Source-Tools machen es leicht, etwas Neues zu schaffen. Linux bietet Developern die größte Vielfalt und die besten Werkzeuge um das nächste, den Markt verändernde Produkt zu entwickeln – unabhängig davon, was das genau für eines sein wird. Das nächste Gerät das einen Innovationssprung bringt, wird mit Linux laufen.“

Video der Linux Foundation zum Projekt Yocto

ZDNet.de Redaktion

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