Europäischer Gerichtshof spricht sich gegen EU-Patentgericht aus

Der Europäische Gerichtshof (EuGH) hat in einem Gutachten festgestellt, dass die Einrichtung eines europäischen Patentgerichts nicht mit EU-Recht vereinbar wäre. Ein solches Gericht würde „außerhalb des institutionellen und gerichtlichen Rahmens der Union“ stehen. Damit fällt nach Ansicht von Experten ein wichtiger Bestandteil des geplanten gemeinsamen EU-Patentwesens weg.

Ein europäisches Patentgericht nimmt nach Ansicht der Richter sowohl dem EuGH als auch den nationalen Gerichten Zuständigkeiten weg, so dass diese nicht mehr in der Lage wären, EU-Recht auf dem Gebiet des Patentwesens auszulegen und anzuwenden. „Das Übereinkommen hätte außerdem eine Auswirkung auf die Zuständigkeit des Gerichtshofs, auf die von den nationalen Gerichten zur Vorabentscheidung vorgelegten Fragen zu antworten“, heißt es in dem Gutachten.

Daher ändere ein solches Abkommen den grundlegenden Charakter der Zuständigkeiten, die den Institutionen der EU und der Mitgliedsstaaten verliehen wurden. Diese Zuständigkeiten seien aber für den Erhalt der essenziellen Grundsätze des EU-Rechts unverzichtbar.

Die Meinung des EuGH (PDF) war im Juli 2009 vom Europarat angefragt worden. Die Europäische Kommission plant ein einheitliches europäisches Patentwesen. Es gibt zwar ein Europäisches Patentamt, das aber nur als zentrale Anlaufstelle dient. Damit ein Patent in allen Mitgliedsstaaten gültig ist, muss es in jedem einzelnen Land angemeldet werden. Die Patentschrift muss zusätzlich in jeder Landessprache vorliegen.

Die Europäische Kommission spielte die Wirkung des EuGH-Gutachtens herunter. Die richterliche Meinung habe keine Auswirkungen auf die kommende Einführung einer „verbesserten Zusammenarbeit“ zwischen den Mitgliedsstaaten bei einem einheitlichen Ansatz für den Patentschutz. „Die Bildung eines einheitlichen Patentschutzes ist juristisch von der Einführung eines europäischen Patentgerichts unabhängig“, heißt es aus der Kommission. „Es ist wichtig, jetzt nicht den Schwung zu verlieren und eine jahrzehntelange Diskussion über das EU-Patent durch verbesserte Zusammenarbeit zu einer schnellen und erfolgreichen Lösung zu bringen.“

Urheberrechtsexperte Florian Müller plädiert in seinem Blog dafür, die Kosten für ein europäisches Patent zu senken. „Man kann vernünftigerweise nicht für ein System sein, in dem sich nur große Unternehmen Patente leisten können.“ Das helfe Open-Source-Entwicklern und Unternehmen, europaweite Patente zu erhalten und zu verteidigen.

ZDNet.de Redaktion

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