Forscher lassen Objekte in Livestreams verschwinden


Diminished Reality füllt den vordefinierten Bereich mit Informationen aus dem Rest des Bildes auf (Bild: TU Ilmenau).

Wissenschaftler vom Fachgebiet Virtuelle Welten und Digitale Spiele der TU Ilmenau haben ein Verfahren entwickelt, mit dem sich Gegenstände aus einem Livestream in Echtzeit entfernen lassen. Die Technik nennt sich „Diminished Reality“, zu Deutsch etwa „Reduzierte Realität“, und wird kommende Woche auf dem International Symposium on Mixed and Augmented Reality (ISMAR) in der südkoreanischen Hauptstadt Seoul vorgestellt.

Um Objekte zum Verschwinden zu bringen, sind zwei Schritte nötig. Zunächst identifiziert die Software das zu entfernende Objekt im Kamerabild. Es werden also die Umrisse des Bereichs ermittelt, der ersetzt werden muss. Das geschieht nach einmaliger Auswahl des Gegenstands automatisch für jeden weiteren Frame.

Im zweiten Schritt füllt die Bildsynthese des Programms den definierten Bereich mit Informationen aus, die dem restlichen Bild entnommen werden. Das System überprüft dabei selbständig, ob das „neue“ Bild für Betrachter kohärent erscheint. Den Wissenschaftlern zufolge laufen beide Schritte innerhalb von Millisekunden ab, weshalb die Technologie sich nicht nur für statische Darstellungen, sondern auch für Live-Videostreams eignet.

Mit Hilfe von Diminished Reality lässt sich etwa ein Raum neu einrichten. Dabei simuliert man das Verschwinden einzelner Möbelstücke; andere werden hinzugefügt. Nötig sind dazu neben der Software nur Webcam und PC. Künftig könnte die Technologie auch in Smartphones und Datenbrillen, sogenannten Head-Mounted Displays, zum Einsatz kommen.

Die Anwendungsbereiche seien „so vielfältig wie die Wirklichkeit“, erklärt Wolfgang Broll, Leiter des Fachgebiets Virtuelle Welten und Digitale Spiele. „Wir alle kennen das Problem, dass wir zunehmend mit Reizen und Informationen überflutet werden. Diese Technologie ermöglicht es jetzt erstmals gezielt, visuelle Eindrücke zu reduzieren.“

Den Forschern schwebt etwa ein Einsatz in Kinos, Museen und Computerspielen vor. Kinozuschauer könnten während der Vorstellung beliebige Objekte aus dem Film entfernen oder verändern. In Museen böte Diminished Reality Besuchern neue Interaktionsmöglichkeiten: Plastiken lassen sich verändern, Elemente aus Bildern entfernen, um beispielsweise Merkmale und Techniken der Künstler sichtbar zu machen. In Computerspielen wäre es möglich, die reale Umgebung der Spieler in das Spiel einzubeziehen.

Auch für Ingenieure oder Städteplaner ist die Technologie interessant. Sie könnten ihre Planung erleichtern, indem sie etwa baufällige Gebäude entfernen und virtuell durch neue Bauwerke, Parks oder Straßen ersetzen.

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ZDNet.de Redaktion

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