Highspeed-Internet im Kabel: 200 MBit/s mit EuroDocsis 3.0

Ein generelles Problem in den Fernsehkabelnetzen ist der Upstream. Das liegt am verfügbaren Frequenzbereich. Für den sogenannten Rückkanal steht nur der Frequenzbereich von 5 bis 65 MHz zur Verfügung. Docsis 1.x erlaubt eine Kanalbreite von maximal 3,2 MHz. In Docsis 2.0 ist eine Kanalbreite von bis zu 6,4 MHz möglich. Docsis 3.0 schreibt vor, dass sich mindestens vier 6,4 MHz-Kanäle bündeln lassen. Beim Upstream unterscheidet sich EuroDocsis nicht vom ursprünglichen Docsis-Standard.

In deutschen Kabelnetzen ist der Upstream in der Regel nach Docsis 1.x realisiert. Das bedeutet eine Kanalbreite von 3,2 MHz mit 2560 KSym/s. Als Modulation wird 16-QAM oder QPSK verwendet. Diese beiden Modulationsarten sind weniger anfällig für Störungen als die für den Downstream verwendeten Modulationsarten 64-QAM und 256-QAM. Das ist vor allem dadurch begründet, dass die Kabelmodems auf den Rückkanalfrequenzen mit geringerer Leistung senden als das CMTS.

Besonders unempfindlich ist QPSK. Es verwendet ausschließlich die Phase, um insgesamt vier Symbole auszudrücken. Die Amplitude trägt bei QPSK keine Information. Das macht es besonders unempfindlich gegenüber Signalschwankungen. Jede Art von Amplitudenmodulation (AM) ist störanfällig gegenüber Schwankungen auf dem Übertragungsweg. Das kann man beispielsweise beim Hören von AM-Sendern auf Lang-, Mittel- und Kurzwelle feststellen. Wenn sich die eingehende Signalstärke verändert, ändert sich die Lautstärke im Radio und muss ständig nachreguliert werden. Bei der im UKW-Bereich genutzten Frequenzmodulation tritt dieser Effekt nicht auf.

In der digitalen Übertragung bedeutet das, dass zwei identisch ausgesandte Amplituden auf dem Übertragungsweg unterschiedlich stark abgeschwächt werden können. Dann wird die zweite Amplitude möglicherweise als anderes Symbol erkannt als die erste.

Praktisch hat QPSK jedoch keine Bedeutung. Stellt man am Kabelmodem fest, dass es sich mit dem CMTS auf QPSK geeinigt hat, so ist das ein sicherer Hinweis dafür, dass es eine Störquelle in der Hausverteilung gibt, die man beseitigen sollte. Normalerweise wird eine 16-QAM-Modulation genutzt. Somit kommt bei einer Symbolrate von 2560 KSym/s und 4 Bit pro Symbol auf eine Upstreamgeschwindigkeit von 10,240 MBit/s pro Kanal. Üblicherweise nutzen deutsche Kabelnetze vier Kanäle für den Upstream.


Auf der Statusseite des Kabelmodems (http://192.168.100.1) lassen sich Symbolrate und Modulation ablesen. Mit diesen Informationen kann man die Bitrate pro Kanal berechnen.

Für den Upstream bedeutet Docsis 3.0 eine deutliche Verbesserung. Es erlaubt neben QPSK und 16-QAM auch die Verwendung von 32-QAM, 64-QAM und 128-QAM. Anders als im Downstream werden durch den neuen Standard auch effektivere Modulationsarten spezifiziert. Wählt man eine Kanalbreite von 6,4 MHz, kommt man mit 128-QAM auf eine Symbolrate von 5120 KSym/s und 35,840 MBit/s. Netto ergibt das etwa 32 MBit/s pro Kanal.

Der Frequenzbereich von 5 bis 65 MHz erlaubt maximal neun Upstream-Kanäle. Somit stünde in Kabelnetzen pro Cluster eine Gesamtbandbreite von 288 MBit/s zur Verfügung. Das gilt aber nur, wenn der gesamte Rückkanalbereich eines Kabelnetzes für den Internet-Upstream genutzt wird. Wenn man in der Praxis von vier Kanälen mit 6,4 MHz ausgeht, bleiben 128 MBit/s für den Upstream, den sich alle Nutzer eines Clusters teilen müssen. Im Vergleich zu 1,5 bis 2 GBit/s für den Downstream ist das recht wenig.

Kabel BW bietet bei seinem 100-Mbit/s-Angebot einen Upstream von 2,5 MBit/s. Unity Media wird bei seinem im November startenden Angebot 5 MBit/s anbieten. Das ist im Vergleich mit VDSL recht mager. Bereits heute bietet die Deutsche Telekom bei VDSL50 einen Upstream von 10 MBit/s an.

Dadurch dass das Internet immer interaktiver genutzt wird, steigt die Bedeutung des Upstreams. Längst beschränkt sich das Internet nicht mehr auf das Betrachten von Websites und den Austausch von E-Mails. Das Hochladen von längeren HD-Videos auf YouTube ist so komfortabel, dass es schon längst zum Massenphänomen geworden ist. Der Upstream könnte den Kabelgesellschaften bereits mittelfristig zum Pferdefuß werden, da sich das Frequenzspektrum nicht ohne massive Neuinvestitionen erweitern lässt.

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ZDNet.de Redaktion

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