Microsoft: Cloud-Euphorie im Schneckentempo

Die Kampfansage kam für etwas über einem Jahr: Im August 2007 machte Steve Ballmer auf der Worldwide Partner Conference klar, dass Microsoft im Internet künftig dieselbe Position einzunehmen gedenkt wie auf dem Desktop. Um diesem Ziel näher zu kommen, werde man eigene Anwendungen anbieten und gleichzeitig Infrastruktur und Werkzeuge bereitstellen, mit denen Entwickler ihre Produkte erstellen könnten. Mittel- und langfristig sollten sogar alle Internet-Basisdienste des Unternehmens für Entwickler verfügbar gemacht werden.

Und heute? Wenn es noch eines Beweises bedarf, dass Microsoft immer noch durch und durch ein traditioneller Softwareanbieter ist, dann reicht ein Blick auf die Release-Zyklen aus, die der Konzern für seine Ankündigungen zum Thema Cloud-Computing wählt. Während echte Cloud-Firmen funktionierende Services am Tag der Vorstellung noch in der Beta-Version einführen, begnügt sich Microsoft damit, lediglich anzukündigen, was es in ein oder zwei Jahren zu tun gedenkt. Hat das Unternehmen in den drei Jahren, in denen es eine neue Ära von Live-Software gepredigt hat, denn rein gar nichts gelernt?


Microsofts Chief Software Architect Ray Ozzie hat sich mit Windows Azure viel vorgenommen (Bild: Ina Fried, CNET.com)

Zum Start von Windows Azure, Microsofts Cloud-Plattform, räumte Chief Software Architect Ray Ozzie ein, dass „der Reifegrad der Angebote, die zur Zeit gemacht werden, noch gering ist. In einem Jahr wird das anders aussehen. Aber so lange wollten wir nicht mehr warten. Also steigen wir jetzt in das Spiel ein.“

In der Tat gibt es noch viel zu tun: Das ganze Projekt ist noch in einer sehr frühen Phase, die Gewinnaussichten sind unsicher, und darüber hinaus weiß Microsoft selbst, dass Vertrauen eine wichtige Rolle spielt – aber bei den Kunden nur begrenzt vorhanden ist.

Anlässlich der Vorstellung der Online-Services von Microsoft für Exchange und SharePoint in den USA kam auch heraus, dass zumindest ein großer Kunde danach gefragt hatte, ob ein Zehnjahresvertrag erhältlich sei. Er wollte sich so offenbar vergewissern, dass Microsoft sich auch langfristig zur Bereitstellung des Service verpflichtet.

Offenbar befürchten viele der großen Kunden, dass der Softwarekonzern erst einmal experimentiert und die Dienste dann wieder einstellt, wenn sie die Erwartungen nicht erfüllen sollten. Das Vertrauen, dass Microsoft sie wirklich als langfristige und strategisch wichtige Pfeiler seines Geschäfts sieht, muss erst geschaffen werden.

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ZDNet.de Redaktion

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