Fünf Gründe für das Scheitern von Vista

Der erste Grund: Vista ist inkompatibel zu einer Menge an früherem Windows-Code. XP setzte sich durch, weil es mit Treibern und Anwendungen kaum Probleme hatte, die für Windows 95 oder Windows 98 konzipiert waren. Gleichzeitig überzeugte die Anwender die Stabilität.

Zu Windows Vista war dagegen trotz einer langen Betaphase viel bestehende Soft- und Hardware nicht kompatibel, als es im Januar 2007 auf den Markt kam. Warum das so war und wer Schuld war – Microsoft oder die Softwareanbieter -, ist im Grunde genommen gleichgültig. Aus Sicht von Microsoft besonders bedauerlich dürfte aber sein, dass einer der wesentlichen Gründe für die mangelnde Komnpatibilität die tatsächlich deutlich verbesserte Sicherheit war, die die Anwender zuvor immer gefordert hatten. Ein Eigentor also, das weh tat.

Der zweite Grund: Windows XP war zu erfolgreich. Als Windows XP 2001 auf den Markt kam, gab es weltweit rund 600 Millionen Computer. Über 80 Prozent davon liefen unter Windows. Das Problem: Rund zwei Drittel nutzten Windows 95/98, gut ein Viertel Windows NT/2000. Eines der großen Ziele von Windows XP, das auch erreicht wurde, war die Vereinheitlichung der Code-Grundlagen.

2008 dagegen sind fast doppelt so viele PCs in Gebrauch. Rund 70 Prozent davon laufen unter Windows XP. Gerade für IT-Abteilungen, die ihre Implementierungen und Anwendungen rund um XP konsolidiert haben, ist der Aufwand bei einem Wechsel erheblich – ohne dass die beim Umstieg auf XP erkennbaren Synergien diesmal vorhanden wären.

Und Windows XP könnte seinen Marktanteil in den kommenden Jahren dank der Begeisterung für günstige Netbooks sogar noch ausbauen. Diese Maschinen reichen zwar vollkommen aus, um den meisten Anwendern eine solide Internetnutzung zu ermöglichen, tun sich aber schwer damit, die von Vista benötigten Ressourcen bereitzustellen.

Der dritte Grund: Vista ist zu langsam. Vista benötigt über 50 Millionen Codezeilen. XP reichten beim Start 35 Millionen aus, inzwischen ist es auf 40 Millionen angewachsen. Sogar auf der aktuellsten Hardware ist die neueste Version von Windows XP leistungsfähiger als die neueste Vista-Variante. Aber niemand will einen neuen PC, der langsamer ist als der alte.

Der vierte Grund: Vista hätte es nie geben sollen. Es wird leicht vergessen, dass Microsoft beim Start von Windows XP als Teil der .NET-Web-Services-Strategie auch sein Geschäftsmodell ändern wollte: weg vom Einzelverkaufsmodell hin zu Software-Abonnements. Deshalb verließ XP auch die bis dahin gültige Namenskonvention (Windows 95, Windows 98, und Windows 2000) und hieß nicht „Windows 2001“. Aber der Hersteller hat es nicht geschafft, sein neues, an die Produktaktivierung gebundenes Geschäftsmodell durchzusetzen. Anstatt zu versuchen, die Gründe dafür herauszufinden und eventuell abzustellen, wurde es einfach fallengelassen.

Der fünfte Grund: Apple hat Vista erfolgreich schlechtgeredet. Dieses Argument hat aber nur in den USA, Großbritannien und Japan Gültigkeit, denn anderswo wurden die gut gemachten „I’m a Mac“-Anzeigen gar nicht geschaltet. Die „I’m a PC“-Kampagne, Microsofts Reaktion zur Ehrenrettung von Vista, kommt zu spät. Vielleicht bringt sie der Akzeptanz und Beliebheit von Windows-Betriebssystemen insgesamt etwas – Vista jedoch wird sie nicht mehr retten können.

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ZDNet.de Redaktion

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