Microsoft und Usedsoft streiten wieder

Microsoft hat gestern beim Landgericht München I eine Einstweilige Verfügung gegen die HHS Usedsoft GmbH erwirkt. Grund sind laut Microsoft-Pressemitteilung irreführende Behauptungen im Rahmen einer Vertriebsaktion des Softwarehändlers. Usedsoft weist die Vorwürfe von sich und zitiert ein ebenfalls gestern rechtskräftig gewordenes Urteil desselben Gerichts vom April. In diesem sei eindeutig festgestellt worden, dass „einzelne Software-Lizenzen aus Microsoft-Volumenlizenzverträgen gebraucht weiterverkauft werden dürfen.“

Microsoft störten in einem Anschreiben an IT-Beschaffungsstellen der öffentlichen Hand die Sätze: „Standard-Software darf weiter veräußert werden. Dies wurde unter anderem vom Bundesgerichtshof und von Hamburger Gerichten ohne Wenn und Aber bestätigt: Rechtliche Grundlage des Software-Gebrauchthandels ist der Erschöpfungsgrundsatz im deutschen Urheberrecht“ und die Aussage „der Erschöpfungsgrundsatz ist zwingendes Recht, das nicht vertraglich abbedungen werden kann, das heißt: Entgegenstehende Lizenzbedingungen der Hersteller sind bei Eintritt der Erschöpfung in diesem Punkt unwirksam.“

Infolge der Einstweiligen Verfügung darf Usedsoft diese Aussagen zur Rechtslage beim Handel mit gebrauchter Software nicht mehr treffen. Da eine Einstweilige Verfügung jedoch lediglich eine vorläufige Entscheidung ist, die ohne mündliche Verhandlung ergeht, kann gegen sie noch Widerspruch eingelegt werden. Und das wird Usedsoft tun, wie Geschäftsführer Peter Schneider gegenüber ZDNet auf Anfrage bestätigte. „Ohnehin stammte das Anschreiben überhaupt nicht von uns, sondern von einem Handelsvertreter, der nicht bei Usedsoft angestellt ist.“

Das Landgericht München I hatte am 4. April 2008 entschieden, „dass der Verkauf beziehungsweise die Veräußerung einzelner Microsoft-Software-Lizenzen, die zuvor im Rahmen von Volumenlizenzverträgen abgegeben worden waren, auch ohne Zustimmung von Microsoft im Grundsatz wirksam möglich ist.“ Das Urteil ist inzwischen rechtskräftig, da kein Widerspruch eingelegt wurde. Es erging in einem Verfahren zwischen Usedsoft und einem säumigen Händler. Um über die Zahlungsverpflichtung zu entscheiden, hatte sich das Gericht zunächst genötigt gefühlt, die Urheberrechtsfrage zu klären.

„Das Münchner Urteil ist ein schwerer Schlag für Microsofts Argumentation“, sagt Schneider. Die einstweilige Verfügung sieht er lediglich als „Trotzreaktion und Ablenkungsmanöver, die aber juristisch mit dem Urteil überhaupt nichts zu tun hat. Offensichtlich hat sich Microsoft darüber geärgert, dass kürzlich in Düsseldorf eine öffentliche Ausschreibung auf unseren Druck hin zurückgenommen werden musste und Microsoft nun um einen sicher geglaubten 10-Millionen-Auftrag neu kämpfen muss“.

Außerdem, so Schneider weiter, bestätige das Urteil des Hamburger Gerichts von 2006 nach wie vor die Auffassung seines Unternehmens – ob der Zusatz „ohne Wenn und Aber“ nun erlaubt sei oder nicht, spiele dabei keine Rolle. „Das ist Wortklauberei und Erbsenzählerei, die nur vom eigentlichen Sachverhalt ablenken soll: dass der Handel mit gebrauchter Software erlaubt ist.“

Wer sich detailliert über die Rechtslage informieren möchte, findet sowohl auf der Website von Usedsoft als auch bei Microsoft eine Darstellung der jeweiligen Sicht. ZDNet hat sich 2007 in einem ausführlichen Beitrag ebenfalls damit auseinandergesetzt.

ZDNet.de Redaktion

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