Oracle muss sich als Linux-Anbieter erst noch bewähren

Oracles Schachzug schadet zwar Red Hat, aber der Verkauf von Linux-Support dürfte kaum viel an direktem Umsatz generieren. „Wir rechnen damit, dass die unmittelbaren Auswirkungen dieses Plans für Oracle eher gering sein werden“, so Analyst Charles Di Bona von Sanford C. Bernstein. „Selbst wenn Oracle es schaffen würde, den gesamten Umsatz von Red Hat im Geschäftsjahr 2006 (278 Millionen Dollar) mit einem Rabatt von 50 Prozent für sich zu vereinnahmen, würde dies den Gewinn pro Aktie für Oracle nur um 0,01 Dollar steigern.“ Das bedeute allerdings nicht, dass die Aktion nicht aus unternehmerischer Sicht sinnvoll wäre. „Durch die größere Verbreitung von Linux profitiert auch Oracle als führender Anbieter von Datenbanken für Linux-Umgebungen“, so Di Bona.

Aber Dave Dargo, CTO des Open-Source-Datenbankanbieters und Oracle-Rivalen Ingres, meinte in seinem Blog, dass Oracles relativ preisgünstiger Linux-Support nur ein Indiz dafür sei, wie teuer die übrigen Produkte des Unternehmens eigentlich sind.

Um Oracles Datenbanksoftware auf einem Server mit vier Prozessoren auszuführen, müsste ein Kunde 197.699 Dollar mit Linux-Support von Red Hat und 197.199 Dollar mit Linux-Support von Oracle bezahlen: „Eine Einsparung von gerade einmal 0,25 Prozent“, so Dargo. „Sie haben die Lösung für das falsche Problem. Selbst wenn Oracle den Linux-Support kostenlos zur Verfügung stellen würde, also für nichts, würde der Preis für Oracle auf diesem Linux-System im ersten Jahr immer noch 195.200 Dollar betragen.“

In der Tat stellen Open-Source-Datenbanken immer noch eine Herausforderung für Oracle dar. Smarter Living etwa verwendet die Open-Source-Software My SQL. „Wir haben mit My SQL begonnen, und es hat all unsere Anforderungen zur vollsten Zufriedenheit erfüllt“, so Wells. „Falls ich spezielle Oracle-Funktionen benötigen würde, etwa in Bezug auf Data Warehousing, würde ich vielleicht zu Oracle greifen. Aber gleichzeitig ist das auch ein Bereich, in dem auch My SQL in letzter Zeit stark zugelegt hat.“

Es gibt auch einige Indizien dafür, dass Red-Hat-Kunden nicht unbedingt auf Oracle umsteigen würden. Bei einer Umfrage der Zeitschrift CIO Insight im Jahre 2005 unter 884 Computertechnologie-Managern landete Red Hat auf Platz 1 in puncto Nutzen und Zuverlässigkeit. 84 Prozent der Befragten stuften das Unternehmen als exzellent oder gut ein. Im Gegensatz dazu landete Oracle bei der jährlichen Umfrage auf Platz 39 von insgesamt 41 Unternehmen, mit nur 55 Prozent positiven Bewertungen.

„Oracle hat schon genug damit zu tun, ordentlichen Support für die intern entwickelte, proprietäre Software zu bieten“, so der Techniker von Cisco. „Wie kommen die eigentlich darauf, sie könnten bessere Software für die Open-Source-Community entwickeln als Red Hat, wenn sie noch nicht einmal ihre eigene Software anständig hinbekommen?“

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ZDNet.de Redaktion

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