Ein neuer Look für Linux schürt einen alten Streit

Erst vor kurzen erhielten die Nutzer durch Red Hat einen Vorgeschmack auf die Open-Source-Welt. Das Unternehmen unterdrückte versehentlich die Möglichkeit zur Nutzung proprietärer Kernel-Module bei der Auslieferung der neuen Version 5 seiner Linux-Installation Fedora Core. Das ungeplante Experiment machte Neueinsteigern schwer zu schaffen.

„Ich glaube nicht, dass die Absicht dahinter stand, Open-Source-Module zu fördern und eine Attacke auf proprietäre Module zu reiten“, so Larabel. „Vielmehr glaube ich, dass Linux-Anfänger, die Fedora Core 5 ausprobiert haben, insbesondere Probleme mit dem Laden von ATI- und Nvidia-Modulen hatten und aufgrund dieses ärgerlichen Erlebnisses der Ruf von Fedora gelitten hat – wenigstens geht das für mich aus den zahllosen E-Mails hervor, die ich von solchen neuen Nutzern erhalten habe.“

Red Hat hat die Blockierung der proprietären Module in einem Update aufgehoben. Es bleiben jedoch andere Fallstricke. Fedora und Opensuse, das Äquivalent von Novell, werden nicht mit den proprietären Treibern ausgeliefert, so dass die Nutzer zusätzlichen Aufwand betreiben müssen, um diese zu erhalten und zu installieren. Darüber hinaus erfordert ein Update des Kernels mitunter eine entsprechende Aktualisierung des Videotreibers.

Eine Möglichkeit, die Treiberschwierigkeiten zu vermindern wäre eine stabile Schnittstelle zum Linux-Kernel. Eine stabile Schnittstelle bietet einem Treiber eine feste und dokumentierte Möglichkeit, mit dem Kernel zu kommunizieren. Selbst wenn sich das Innere des Kernels veränderte, bliebe die Kommunikationsmethode dieselbe, und die Treiber müssten zum Beispiel nicht nach jedem Update des Kernels angepasst werden.

„Ich verstehe die Gründe, aus denen die Kernel-Entwickler versuchen, dem auszuweichen“, sagte Fear und führte als Beispiel den Wunsch an, sich maximale Freiräume für Innovationen zu bewahren. Aber eine stabile Schnittstelle „würde unser Leben und das Leben der Nutzer erleichtern“, fügte er hinzu.

Bei der bestehenden amorphen Schnittstelle von Linux müssten die Programmierer Treiber für zahlreiche Kernel-Variationen schreiben und alte Treiber – offen oder proprietär – versagten ihren Dienst, so Miguel de Icaza, Vice President of Development bei Novell. „Vergleichen Sie das einmal mit Windows, wo es eine stabile Schnittstelle für Treiber im Kernel gibt. Ein Treiber, der auf Grundlage von NT 4 entwickelt wurde, arbeitet auch unter XP“, sagte er.

ATI ist bereit, sich an den fließenden Stil von Linux anzupassen. „ATI akzeptiert dies als Teil unserer alltäglichen Verpflichtungen im Linux-Bereich“, sagte Tippett.

Einige sind auch besorgt, dass eine stabile Schnittstelle zu mehr proprietären Treibern führen könnte. Arjan van de Ven, ein ehemaliger Red Hat-Kernelprogrammierer, der jetzt für Intel arbeitet, beschrieb ein spekulatives „Linux-Untergangsszenario“ in dem Linux-Entwickler binäre Module und eine stabile Schnittstelle akzeptieren. In seinem im Dezember auf der Linux-Kernel-Mailing-Liste veröffentlichten Szenario stellen Hardware-Firmen ihre derzeitige Unterstützung für Open-Source ein, wodurch die Nutzer nicht mehr in der Lage sind, einem schwerwiegenden Sicherheitsproblem zu begegnen.

Ledigleich ein paar der Schritte dieses Szenarios seien unwahrscheinlich, sagte van de Ven. Trotzdem hat er Hoffnung. „Ich glaube, dass die Vorteile der Freiheit letztendlich stark genug sind, alle Hindernisse zu überwinden“ sagte er.

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ZDNet.de Redaktion

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