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Urheberrecht: Der Gesetzgeber drückt sich

Dennoch sieht die Regierung die Notwendigkeit, das System der pauschalen Vergütung über die Verwertungsgesellschaften grundlegend zu renovieren. Tatsächlich erzeugt das System Begehrlichkeiten, die in der jetzigen Vorlage nur mühsam abgewiesen wurden. So hätten auch die Rundfunkanstalten sich gerne in das System eingeklinkt, obwohl die Rechte der ausgestrahlten Sendungen meist bei anderen liegen. Auch ist es nicht fair – da hat die ITK-Branche Recht – immer mehr Gerätetypen mit Abgaben zu belegen.

Allerdings gehen die Gerätehersteller deutlich zu weit, wenn sie etwa vor Gericht behaupten, es sei nicht erwiesen, dass PCs zum Vervielfältigen urheberrechtlich relevanter Werke benützt würden. Ähnlich absurde Argumente, werden gegen die Abgaben auf Drucker geltend gemacht. Seit 2001 verliert die Industrie zwar ihre Prozesse in schöner Regelmäßigkeit, hat aber immerhin erreicht, dass Autoren, die im Internet publizieren, bislang noch keinen Cent für Kopien ihrer Texte oder Bilder erhalten haben. Inzwischen liegt das Verfahren beim Bundesgerichtshof, das wohl im nächsten Jahr dafür sorgen wird, dass das Urheberecht – gegen den Widerstand der Industrie – endlich auch ins Internet vordringt.

Die Regierung hat das Problem erkannt und reagiert darauf mit Verfahrensregeln, die den Einigungsprozess beschleunigen sollen. Dennoch, so Thomas Frank, Hausjurist und stellvertretender Geschäftsführer von VG-Wort, werden die Verfahren noch rund fünf Jahre dauern. Das zentrale Problem aber ist, dass viele Entscheidungen von der Politik auf die beteiligten Interessengruppen abgeschoben werden. Dabei haben die längst gezeigt, dass sie sich nicht einigen können.

Wäre das anders, müsste sich die Begrenzung der Geräteabgaben auf höchstens fünf Prozent nicht, wie es heißt zur „Enteignung der Urheber“ auswirken. Schließlich ließe sich die Umlage auf teuere Geräte wie PCs oder aus häufig gekaufte Träger wie Tintenpatronen umlagern. Genau das wird seit Jahren diskutiert. Schließlich lässt sich über die Patronen – ganz im Sinne des aktuellen Entwurfes – die tatsächlich Nutzung deutlich genauer messen ließe, als über die Absatzzahlen von Druckern. Doch solche Argumente ignorieren die Druckerhersteller, weil sie ihrem Geschäftsmodell (preiswerte Drucker, teuere Patronen) zuwider laufen würde. Immerhin dürfen die Hersteller den Gerätepreis nicht auf null drücken, um die Abgabe zu umgehen. In einem solchen Falle müsste ein fiktiver Gerätepreis (etwa aus Drucker und Patrone) ausgehandelt werden. Streit ist auch hier programmiert.

Dennoch, so bestätigt das Justizministerium, sollen künftig die Interessengruppen untereinander ausmachen, welche Geräte, wie und in welcher Höhe (innerhalb der Fünf-Prozent-Obergrenze) mit Abgaben belastet werden. Bei Unstimmigkeiten laufen dann entsprechende Rechts- und Schlichtungsverfahren an. Bis ein solches Verfahren beendet ist, kann das umstrittene Gerät jedoch schon wieder vom Markt verschwunden sein. Insofern rechnet sich der Rechtsstreit für die Industrie – nur die Urheber bleiben dabei auf der Strecke.

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ZDNet.de Redaktion

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