Rechtsfragen um Linux: Wie heikel ist der Einsatz von Open Source?

Was die IBM Anwender-Vereinigung GSE jüngst in einer Umfrage unter ihren Mitgliedern in Sachen Open-Source herausgefunden hat kling besorgniserregend: Mehr als zwei Drittel gaben an, dass Rechtsfragen ihre Entscheidung bezüglich des Einsatzes von Linux beeinflussen. Für 17 Prozent erleichtert nicht einmal eine Haftungsfreistellung – wie von Red Hat und Novell angeboten – den Entschluss für freie Software.

Das freie Betriebssystem erfreut sich bekanntlich stetig wachsender Beliebtheit: IBM zählt weltweit allein mehr als 1700 z-series-Kunden, die mitgelieferte Linux-Partitions nutzen. Dazu kommen 1200 Softwarehäuser, die Linux-Applikationen für den IBM-Host anbieten. Die Konkurrenz argwöhnt jedoch getürkte Zahlen. Die Marktforscher von IDC liefern Fakten: 13 Quartale nacheinander hat der Markt für Linux-Server nun ein zweistelliges Wachstum vorzuweisen, aktuell 34 Prozent beim Umsatz. 20 Prozent bezogen auf Stückzahlen.

Dabei erobert das Betriebssystem die Rechenzentren hauptsächlich auf Kosten von Unix-Servern. Bei denen sank im Vergleich zum Herbst des Vorjahres der Umsatz leicht um 0,4 Prozent, die Stückzahlen ging jedoch um deutliche 13,4 Prozent zurück. Der Grund: „Die Rechenzentrums-Funktionalitäten wandern auf möglichst billige Plattformen“, so IDC-Analyst Dan Kutznetzky. Nebenbei erwähnt: Auch die Zahl der Windows-Server wächst derzeit pro Jahr um 15,3 Prozent, der Umsatz um 17,7 Prozent.

Der starke Zuspruch nach dem Open-Source-Betriebssystem lässt vermuten, dass sich Fragen der Rechtsicherheit von Linux mehr oder minder auf einer theoretischen Ebene bewegen. Dennoch werden sie massiv gestellt. Rechtsanwalt Till Jäger und Djamel Souici, Leiter der europäischen Rechtsabteilung von Novell, kämpfen dagegen an. „Weltweit ist uns bis jetzt keine Patentverletzung aus dem Bereich Open Source-Software bekannt“, so Souici. Er erklärt, Patentverletzungen seien nicht nur bei Open Source-Programmen möglich. Vielmehr könnten sie auch bei proprietären Systemen auftreten.

Sein Kollege Jäger pflichtet bei, dass freie Software im rechtlichen Sinn nicht grundsätzlich unsicherer ist als kommerzielle. Zum Beispiel richte sich der Umfang von Haftung und Gewährleistung nicht nach der jeweiligen Lizenz, sondern immer nach dem Vertriebsmodell. Streit gebe es dennoch, und zwar wenn Lizenzmodelle verletzt werden. „In der Praxis beschäftigen mich die Fälle am meisten, in denen es um den Mix von Softwarekomponenten geht, die unter verschiedenen Lizenzen stehen“, berichtet Jäger.

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ZDNet.de Redaktion

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