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EU-Verurteilung von Microsoft ist ein großer Fehler

Ein allgemeiner Einwand, den ich gegen Antitrust-Bestimmungen habe, ist die Tendenz, ehemals legale Handlungen zu illegalisieren und das betroffene Unternehmen dann für Handlungen zu bestrafen, die vor diesem Wechsel ausgeführt wurden. Dies trifft sicherlich auf die aktuelle Antitrust-Entscheidung der EU zu.

Microsoft muss eine Strafe von fast 500 Millionen Euro bezahlen für etwas, was nie als illegal erklärt wurde. Selbst Mario Monti gibt dies zu, will damit aber einen Präzedenzfall schaffen, der in künftigen Antitrust-Ermittlungen gegen Software-Unternehmen verwendet werden kann.

Falls ein Präzedenzfall statuiert wird, bleibt die Frage, was die Bestrafung eines Unternehmens für Handlungen rechtfertigt, die vor diesem Präzedenzfall ausgeführt wurden? Das ist ungefähr so, als würde man ein Gesetz verabschieden, nach dem der Besitz eines grünen Fahrrades illegal wäre, und dann jedem, der einmal ein solches Fahrrad besaß, eine Strafe von 1000 Euro aufbrummen. Falls die Maßnahme der EU einer juristischen Überprüfung standhält und Microsoft in Zukunft gegen die Auflagen verstößt, ist dies Grund für eine Geldstrafe. So wie es aussieht, ist das Ganze nur eine Gelegenheit für die europäischen Regierungen, einmal kräftig abzusahnen, denn die Geldstrafe wird unter den EU-Mitgliedern aufgeteilt.

Abschließende Bemerkungen

Wenn ich einen Blick in meine Kristallkugel werfe, würde ich vorhersagen, dass der Großteil der Entscheidung aufgehoben werden wird, besonders die Geldstrafe und die erzwungene Entfernung des Media Players, während die Bestimmungen in Bezug auf die Offenlegung von Protokollen Bestand haben dürften. Andere Beobachter sind der Auffassung, dass genau das Gegenteil der Fall sein wird, wenn man berücksichtigt, wie das Gericht sich in der Vergangenheit für den Schutz geistigen Eigentums stark gemacht hat. Aber da liegen sie natürlich völlig falsch…

Angenommen, ich habe Recht, wäre das Ergebnis eine Harmonisierung der europäischen und amerikanischen kartellrechtlichen Bestimmungen in Bezug auf Software-Unternehmen. Da Europa sich gerade an der Herkulesaufgabe versucht, die wirtschaftlichen Vorschriften von 25 einzelnen Ländern unter einen Hut zu bringen (einschließlich der am 1. Mai hinzukommenden neuen Mitglieder), sollte es sich der Bedeutung eines solchen Schrittes mehr als andere bewusst sein.

Zur Person: John Carroll ist Software-Ingenieur und lebt in Irland. Er ist spezialisiert auf Design und Entwicklung von verteilten Systemen mit Java und .NET. Außerdem ist er Gründer von Turtleneck Software.

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ZDNet.de Redaktion

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