Categories: Unternehmen

Europas Recht gegen Microsofts Imperialismus

Die Gefahr ist groß, dass die Sache im Sande verläuft, weil den konkreten Anlass (Schutz vor unfairer Vermarktung des Media Players) bald niemand mehr ernst nimmt, und sich die Juristen in Grundsatzfragen festbeißen, die schon ihre US-Kollegen nicht entscheiden konnten.

Für Microsoft ist die Sache einfach. Das Unternehmen will sich nicht das Recht nehmen lassen, in seine Produkte einzubauen, was immer aus technischer und vor allem wirtschaftlichen Gesichtspunkten sinnvoll erscheint. Genau darauf beruht seit Jahren das Geschäftsmodell des Betriebssystem-Monopolisten.

Exakt darin jedoch sehen die europäischen Kartellwächter einen Machtmissbrauch, der dazu dient, Mitbewerber aus dem Markt zu drängen. Außerdem würde der scheidende EU-Kommissar Mario Monti gern als der Mann in die Geschichte eingehen, der Microsofts jahrzehntelangen Machtmissbrauch gebremst hat – etwas, was auch den US-Behörden nicht gelungen ist.

Es sei daran erinnert, dass Microsoft nach der Verurteilung wegen Monopolmissbrauchs seiner Zerschlagung nur entgangen ist, weil die wirtschaftshörige Bush-Administration die Gerichtsbeschlüsse der Vorgängerregierung aufgehoben hat. Anders als in Europa ist dort der Besitz eines Monopols, einer marktbeherrschenden Stellung nicht verwerflich, schon gar nicht strafbar. In dem Verfahren konnte es daher nur um den Missbrauch des Monopols gehen. Der Missbrauch wiederum misst sich an dem Schaden, der Mitbewerbern oder dem Markt und vor allem den Verbrauchern zugefügt wird. Hier kam die Richterin zu dem Schluss, „dass Microsoft eine Tendenz habe, die Effekte seines illegalen Verhaltens zu minimieren“.

Dabei pflastern den Weg von Bill Gates mehr Opfer als bei Billy the Kid: Ins Aus gedrängt wurden unter anderen Wordstar, Wordperfect, Foxbase, Dbase, Lotus 1-2-3, DR-DOS, OS/2, Netscape und mit ihnen der Markt für Textverarbeitungen, Office-Pakete, Basic-Tools, PC-Datenbanken und Browser. Die Methode folgte dem immer gleichen Muster: Microsoft kauft oder klont das Produkt seines ärgsten Konkurrenten, verschränkt es eng mit seinem Betriebssystem, wirbt mit der hohen Integration und senkt die Preise. Wenn nötig, wird die Software sogar verschenkt, wie die einstige Hochpreisdatenbank SQL-Server (als Teil der Windows NT Server-Edition).

Page: 1 2 3

ZDNet.de Redaktion

Recent Posts

Studie: 91 Prozent der Ransomware-Opfer zahlen Lösegeld

Die durchschnittliche Lösegeldzahlung liegt bei 2,5 Millionen Dollar. Acht Prozent der Befragten zählten 2023 mehr…

8 Stunden ago

DMA: EU stuft auch Apples iPadOS als Gatekeeper ein

Eine neue Analyse der EU-Kommission sieht vor allem eine hohe Verbreitung von iPadOS bei Business-Nutzern.…

9 Stunden ago

Chips bescheren Samsung deutlichen Gewinnzuwachs

Das operative Ergebnis wächst um fast 6 Billionen Won auf 6,64 Billionen Won. Die Gewinne…

17 Stunden ago

Chrome: Google verschiebt das Aus für Drittanbietercookies

Ab Werk blockiert Chrome Cookies von Dritten nun frühestens ab Anfang 2025. Unter anderem gibt…

1 Tag ago

BAUMLINK: Wir sind Partner und Aussteller bei der Frankfurt Tech Show 2024

Die Vorfreude steigt, denn BAUMLINK wird als Partner und Aussteller bei der Tech Show 2024…

1 Tag ago

Business GPT: Generative KI für den Unternehmenseinsatz

Nutzung einer unternehmenseigenen GPT-Umgebung für sicheren und datenschutzkonformen Zugriff.

2 Tagen ago