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Virtueller Arbeitsmarkt der BA: „Ferrari-Motor in einer Ente“

ZDNet: Dann war unsere Beobachtung durchaus korrekt: Sie haben den Virtuellen Arbeitsmarkt anfangs als neuen Konkurrenten erachtet.

Deininger: Jein. Es handelt sich um einen bereits seit 1997 existenten Player, der jetzt seinen Online-Auftritt erneuert. Ich persönlich habe die BA nie als Konkurrenz gesehen, habe aber stets die Befürchtung gehabt, dass sie sich unberechtigterweise meiner – also der von Monster verwalteten – Stellen bedienen will. Im Hinblick auf Urheberrecht und Schutz unseres Kunden sind diese Jobs erst nach Einwilligung des schaltenden Arbeitgebers auf den Seiten der BA zu finden. Das können wir übrigens auch heute schon tun und das war auch in der Vergangenheit so. Die Frage ist nur: Warum ist die Akzeptanz so niedrig? Wir haben es als Bedrohung gesehen, dass die BA mit Gewalt den Markt zerstört. Dabei standen unsere Interessen gar nicht im Vordergrund, sondern die der rund 500 Nischenanbieter, die keinerlei Lobby haben. Diese sind nicht breit aufgestellt und bieten kategorien- und regionalspezifisch an – etwa für Journalisten oder Feinmechaniker oder Juristen etc. Darum ging es mir in meiner Rolle als Leiter der Initiative Arbeitsmarkt im eco-Verband, und das war der Hauptpunkt der Kritik.

ZDNet: Und wie erklären Sie sich nun die Differenz zwischen den ursprünglich vorveranschlagten 100 Millionen Euro und den mittlerweile tatsächlichen Kosten von 165 Millionen Euro für den Aufbau des Virtuellen Arbeitsmarktes?


Monster.de Managing Director
Kai-Uwe Deininger

Deininger: Das hat glaube ich verschiedene Gründe: Einerseits muss man das Projekt in die einzelnen Phasen aufgebrochen sehen. Ein Teil des Projektes, und dabei handelt es sich um den bislang einzig sichtbaren, war die Renovierung der Online-Präsenz. Also dieser ganze neue Look and Feel mit der Online-Hostess und einer überarbeiteten Suchmaschine. In meinen Augen ist das aber das kleinere Übel gewesen. Das große Problem, dass die BA auch heute noch hat, ist das Fehlen einer integrierten und zentralen Datenbank, in der alle Arbeitssuchenden und alle offenen Stellen zu finden wären. Sie hat verschachtelt anhand ihrer 18 Regionalfürstentümer 18 verschiedene Systeme im Einsatz, die nicht zentralisiert und die vor allem nicht von einem Vermittler per Knopfdruck abrufbar sind. Deswegen haben wir das Moratorium zur Weiterentwicklung des VAM so kritisiert. Diese Projekte sind aber wichtig und gerechtfertigt. Die Frage lautet nun: Warum haben sich die Kosten so dramatisch erhöht? Nehmen Sie die vorhin erwähnte Online-Hostess Bea, die sicher kein Teil der ursprünglichen Standardspezifikation war, sondern ein Goody, dass man beispielsweise bei Yello gesehen hat. Wenn man dass von einem sehr teuren Strategieberatungsunternehmen und nicht von einer kleinen Agentur machen lässt, kostet das weit mehr. Genauso der Punkt Job-Roboter: Wir waren in einem Meeting mit Heinrich Alt und Jürgen Koch und haben über das Thema gesprochen, weil die BA vorhatte, mittels dieser Metasuche – quasi als Umweg – alle Jobs im Netz abzugreifen und ihren Nutzern – und nicht nur ihren Vermittlern – zur Verfügung zu stellen. Das fanden wir wiederum im Interesse des Kundenschutzes nicht gut, aber Herr Alt sagte: ‚Naja, das kostet uns zwölfeinhalb Millionen Euro, aber das ist noch lange nicht das Ende der Fahnenstange. Wenn wir weitere gute Ideen haben, werden wir die in den Entwicklungsprozess mit einbringen.‘ Und dann können Sie sich erklären, wo die weiteren 100 Millionen Euro Entwicklungskosten herkommen. Denn Accenture wird dann nicht sagen: ‚Moment Mal, das steht nicht im Rahmenvertrag drin‘. Im Gegenteil: Die sagen ‚machen wir gerne‘ und schicken zwei Wochen später die Rechnung.

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ZDNet.de Redaktion

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