Patenttrolle verdienen mit Patentklagen dreimal mehr als herkömmliche Firmen

Sogenannte Patenttrolle erzielen aus Patentklagen deutlich mehr Gewinne als herkömmliche Unternehmen. Laut einer Statistik der Anwaltskanzlei Goodwin Procter für die Jahre 2010 bis 2013 erstritten sie vor Gericht durchschnittlich 8,5 Millionen Dollar, während produzierende Unternehmen lediglich 2,5 Millionen Dollar Schadenersatz einklagten. Unter die übliche Definition eines Patenttrolls fallen Firmen oder Einzelpersonen, die nicht selbst Produkte entwickeln, sondern nur Patente erwerben und gegen andere Unternehmen geltend machen.

Laut Michael Strapp, Partner der Kanzlei und einer der Autoren eines Leitfadens zur Bekämpfung von Patenttrollen, haben die unverhältnismäßig hohen Schadenersatzzusprüche für Patenttrolle mehrere Ursachen. Zum einen seien sie durch deren wirtschaftliches System bedingt. Dieses bestehe in vielen Fällen darin, zunächst eine „Kriegskasse aufzubauen“, indem Vergleiche mit Dutzenden kleinerer Firmen erzielt werden. Das daraus erwirtschaftete Geld werde dann wiederum für Klagen gegen große Konzerne wie Google und Apple eingesetzt. Derartige Patentprozesse führten dann meist auch zu einem höheren Schadenersatz.

Ein weiterer Faktor, der den Erfolg der Patenttrolle erklärt, liegt laut Strapp im US-Patentsystem begründet: Dieses ermögliche es den Investoren und Anwälten, zwischen einer Handvoll erfolgversprechender Gerichtsstände zu wählen. Im Gegensatz zu gewöhnlichen Patentklägern nutzten sie auffallend häufig Osttexas und Delaware, um mit ihren Klagen vor Gericht zu ziehen. Strapp zufolge sind die dort ansässigen Richter offenbar der Meinung, dass derartige Gerichtsverfahren die lokale Wirtschaft stärken. Einem Wechsel des Gerichtsstandes verweigerten sie sich daher oftmals.

Ein Urteil des Obersten US-Gerichshofs aus dem vergangenen Juni, laut dem abstrakte Ideen nicht patentwürdig sind, auch wenn sie softwaregestützt umgesetzt werden, sorgt nach Angaben von Strapp nun zwar zumindest für einen Rückgang ungültiger Softwarepatente. Allerdings kämen ohnehin nur rund fünf Prozent solcher Patentstreitigkeiten auch tatsächlich vor Gericht, da es für viele Angeklagte erschwinglicher sei, einen Vergleich mit den Klägern anzustreben.

Als solches ist das Geschäftsmodell von Patenttrollen laut Strapp aber immer noch intakt. Auch reformwillige Patentanwälte könnten daran derzeit nichts ändern. Und trotz einiger „geflickter Stellen“ sei das US-Patentsystem im Grundsatz noch immer nicht funktional.

Dropbox, Google, SAP und andere Hightech-Unternehmen haben sich daher im Juli zum „Licence on Transfer Network“ (LOT) zusammengeschlossen. Auf Basis einer kooperativen Patentlizenzvereinbarung wollen sie gegen Patenttrolle und deren „Praxis der Patentkaperei“ vorgehen.

[mit Material von Rainer Schneider, ITespresso.de]

ZDNet.de Redaktion

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